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Pizza und Bier Bier gilt in Italien als „easy to drink“-Produkt und wird gerne zur Pizza getrunken. Aber in Italien gibt es inzwischen eine große Craft Beer Szene (Foto: Miha Rekar, Unsplash)
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Kreativität und „la dolce vita“ – Bierparadies Italien

Denkt man an Italien, kommen einem wahrscheinlich als erstes Pizza, Pasta und Rotwein in den Sinn. Doch Italien hat noch viel mehr zu bieten – auch in Sachen Biergenuss.

Der italienische Biermarkt


Laut der italienischen Brauereivereinigung Assobirra wurden in Italien im Jahr 2019 17,2 Mio. hl Bier produziert, der Pro-Kopf-Verbrauch lag bei 34,6 l (2008: 29,4 l) und steigt seit Jahren an. Importiert werden zudem 7,0 Mio. hl Bier. 36 Prozent des Konsums entfallen auf den Außerhausmarkt, 64 Prozent auf den Einzelhandel. Die wichtigsten Brauereien in Italien sind nach Marktanteil Heineken (32 %), Birra Perroni (18,3 %), Carlsberg (5,1 %) und Birra Castello (5,1 %).

Die Brauerei Forst aus Südtirol zählt zusammen mit ihrer Brauerei Menabrea, mit der sie auf eine geschätzte Produktion von rund 1,1 Mio. hl pro Jahr kommt, ebenfalls zu den wichtigsten Brauereien des Landes, gehört aber nicht der Assobirra an. AB-InBev betreibt keine Produktionsstätte in Italien und ist daher technisch gesehen kein Produzent für den italienischen Markt, verfügt aber dennoch über einen Marktanteil von 9,4 Prozent.

Mikrobrauereien erleben in Italien bereits seit einigen Jahren einen Boom. Die 841 Kleinstbrauereien produzierten 2019 zusammen 523.000 hl Bier.

Bier gilt im Weinland Italien weiterhin als „easy to drink“-Produkt. Allerdings lassen sich – begünstigt durch den Boom von Mikro- und Craft-Brauereien – immer mehr Zielgruppen für Bierspezialitäten begeistern [1, 2].

Italienisches Craft Beer mit Tomaten, Salat, Kapern und Weißbrot Die Italiener haben auch beim Thema Bier das Zeug zum Food Pairing-Weltmeister, ist sich Biersommelier Simonmattia Riva sicher (Foto: Monica di Loxley, Unsplash)

Italiens Bierwelt


1985 eröffnete die erste Gasthausbrauerei in Sorrento, nahe Neapel. Seitdem verzeichnet das eher als Weinland bekannte Italien eine rasante und extrem interessante Entwicklung seiner Bierlandschaft. 35 Jahre später gibt es italienische Brauereien, die internationalen Kultstatus besitzen.

Regelmäßig gewinnen italienische Biere bei internationalen Wettbewerben viele Preise. Zuletzt fand sogar eine italienische Bierkategorie, das Italian Grape Ale, Aufnahme ins Beer Judge Certification Program (BJCP) – dazu später mehr. 2015 stellte die junge Biernation mit Simonmattia Riva aus Bergamo auch den Weltmeister der Sommeliers für Bier [3].

„Die erste Generation italienischer Bierliebhaber ist jetzt in dem Alter, in dem sie mehr Geld für (Bier-)Genuss ausgeben kann und will“, freut sich Riva. „Und junge Konsumenten wollen immer etwas Neues ausprobieren, deshalb sehe ich weiteres Wachstumspotenzial für Bier in Italien und hoffe auf eine weitere Generation an italienischen Bierliebhabern“, so Riva weiter [4].

Eine Flasche italienisches Craft Beer zwischen roten Herbstblättern Viele Mikrobrauereien in Italien lassen sich von der amerikanischen oder belgischen Bierszene inspirieren, bringen aber auch eigene regionale Besonderheiten mit ein (Foto: Monica di Loxley, Unsplash)

Boom der Microbreweries


Der Boom im Segment der Kleinstbrauereien begann in den 2000ern. Lag die Anzahl der italienischen Mikro- und Gasthausbrauereien 2004 noch bei 90, so hat sie sich inzwischen auf 841 erhöht. Der Konsum von Spezialbieren hat in Italien in den letzten fünf Jahren um 115 Prozent zugenommen.

Bekannte Vertreter sind Birra Baladin oder Birra del Borgo mit jeweils rund 25.000 hl Jahresausstoß. Viele dieser Brauereien brauen obergärige belgische und angloamerikanische Bierstile, während sich einige wenige auch an deutschen untergärigen Bierstilen orientieren.

Da in Italien jede Region für eigene kulinarische Spezialitäten bekannt ist, verwundert es kaum, dass es auch viele regional geprägte Bierkreationen gibt, wie etwa das „Kamille Blanche“ aus den Abruzzen, den „Enzian Bock“ aus Livigno oder Bier mit Linsenzusatz aus Umbrien.

Italiens Brauer greifen ebenfalls den aus den USA kommenden Sauerbier-Hype auf. In Weinfässern bauen sie Sauerbiere aus, die je nach Region und der vorher belegten Weinsorte vollkommen unterschiedlich sind. So gesellen sich zu den bereits bekannten Sauerbierstilen auch italienische Kreationen dazu [3].

Eine Dose Italian Grape Ale und im Hintergrund ein Husky Italian Grape Ale vereint die italienische Weintradition mit der neuen Bierkultur (Foto: Monica Di Loxley, Unsplash)

Italian Grape Ale


Da die italienische Seele allgemein sehr experimentierfreudig ist und nicht ruht, bis ihre Experimente ausgereift sind, wundert es nicht, dass in diesem Land auch eine neue Biersorte das Licht der Welt erblickt hat: das Italian Grape Ale (IGA).

„Das Italian Grape Ale ist aus der Tradition des belgischen Lambics entstanden, entsteht aber im Gegensatz zum Lambic nicht mithilfe von Spontanfermentation“, erklärt Biersommelier-Weltmeister Simonmattia Riva.

Als Pioniere des Italian Grape Ale gelten zwei kleine Brauereien aus Sardinien und dem Piemont – zwei Regionen mit einer sehr starken Weinbautradition. In Sardinien bei Birrifico Barley war die Basis ein Imperial Stout, dem 2 Prozent Rotwein bei der Kochung hinzugefügt wurde. Im Piemont bei Birrifico Montegioco war die Basis ein Belgian Blond, dem bei der Gärung Weißweintrauben zugesetzt wurden.

An diesen beiden Beispielen sieht man, wie viele Facetten ein Italian Grape Ale haben kann. „Es gibt zahlreiche Variationsmöglichkeiten“, erklärt Riva – rote oder weiße Trauben, frischer oder gekochter Most, Zugabe in die Würze oder erst bei der Fermentation, Bierhefe oder Weinhefe oder eine Mischung aus beiden, ein Ausbau im Weinfass und, nicht zu vergessen, die unzähligen Rebsorten, die alle ihr eigenes Aroma miteinbringen.

Ein weiteres interessantes Beispiel eines IGA ist Equilibrista von der Birra del Borgo: 40 Prozent Most der toskanischen Sangiovese Traube und 60 Prozent Saison-Würze vergären mit einer Champagnerhefe und werden klassisch mit der Méthode champenoise weiterverarbeitet. Birra del Borgo ist mittlerweile eine 100%-ige Tochter von AB-InBev.

Die Brauerei La Fortezza stellt ihr Dirty Purple mit bis zu 16 Prozent in Gärung befindlichem Most vom Montepulciano d’Abruzzo zum Anstellen einer Saison-Würze dar. Das Bier wird anschließend zur Reifung zu 50 Prozent in einen Stahltank, zu 25 Prozent in französische Rotwein-Eichenfässer und zu 25 Prozent in amerikanische Weißwein-Eichenfässer aufgeteilt. Nach abgeschlossener Reifung verschneidet die Brauerei die drei Chargen [3, 4].

Eine Flasche italienisches Craft Beer mit Meerwasser auf einer Hafenmauer mit Segelschiffen im Hintergrund Bier mit Meerwasser – die italienischen Brauer sind sehr experimentierfreudig (Foto: Monica di Loxley, Unsplash)

Italienische Biersteuer bremst den Boom aus


Experimentierfreudige Brauer, die die italienische Weintradition in die Bierkultur integrieren, unzählige Microbreweries, die regionale Spezialitäten kreieren, aufgeschlossene Konsumenten, die gerne Neues ausprobieren – eigentlich ideale Voraussetzungen für einen florierenden Biermarkt.

Allein eine vollkommen überzogene Biersteuerpolitik bremst den aktuellen Boom aus und sorgt in Brauerkreisen für sehr viel Unmut. Italienische Brauereien entrichten mit 3,00 EUR pro Hektoliter und Grad Plato im Vergleich sehr viel mehr als deutsche Brauereien mit 0,787 EUR pro Hektoliter und Grad Plato.

Einzig Brauereien mit einem Jahresausstoß unter 10.000 hl zahlen einen um 40 Prozent ermäßigten Satz. Wirtschaftsberechnungen zufolge würde eine Absenkung der Steuer viele Tausende neue Arbeitsplätze schaffen und die Vielfalt des italienischen Bierangebotes weiter erhöhen [3].

Eine liegende Bierflasche mit einer Getreideähre auf dem Kronkorken und Malzkörnern auf dem Tisch Italienisches Malz verspricht Steuervorteile und einen Marketingeffekt (Foto: Monica di Loxley, Unsplash)

Rohstoffe made in Italy

Immer mehr italienische Brauer gehen wegen der hohen Steuerbelastung dazu über, ihren Betrieb als Landwirtschaftsgesellschaft zu firmieren. Das Zauberwort heißt „birrificio agricolo“ und verspricht attraktive Steuervorteile, erklärt Stefan Grauvogl, Inhaber von Arte Bier und Organisator der Biersommelier-Kurse in Italien. Diese Rechtsform schreibt allerdings vor, dass mindestens 50 Prozent der Rohstoffe aus eigenem Anbau stammen müssen und im Betrieb selbst zu verarbeiten sind. Das erklärt, warum in Italien inzwischen wieder Braugerste angebaut wird. „Die eigenen Rohstoffe sind nicht billiger – vor allem nicht, wenn sie dann in Deutschland vermälzt werden müssen – und wir haben auch keine Angst vor Versorgungsengpässen“, berichtet Grauvogl. „Neben den Steuervorteilen geht es aber auch darum, den Marketingeffekt ‚vom Halm ins Glas‘ zu nutzen und alte Getreidesorten anzubauen.“ Inzwischen wird Italien sogar zur Hopfenanbauregion …

So entstand zuletzt in Zusammenarbeit mit der Universität Parma ein Hopfengarten, der den nationalen Hopfen Gianni kultiviert. Es gibt aber auch größere Anstrengungen in verschiedenen Regionen, wie zum Beispiel die Landwirtschaftsgesellschaft Luppulo & Co. unter der Initiative und Leitung von Biersommelier Guido Garzia Civico Petrilli. Sie baut mit steigender Tendenz auf insgesamt 21 ha Hopfensorten wie Cascade, Chinook, Perle oder Nugget in der Emilia Romagna und anderen Regionen an. „Die US-Hopfensorten Cascade und Chinook liefern dabei die besten Ergebnisse auf italienischen Böden“, weiß Grauvogl.

Ein Problem stellt laut Grauvogl beim Getreide wie beim Hopfen die Weiterverarbeitung bzw. Veredelung dar. Die Nachfrage nach Mälzereianlagen steigt, da das Getreide in Italien vermälzt werden muss, wenn die Betriebe von der Steuererleichterung profitieren wollen. Aus diesem Grund gibt es mittlerweile Brauereien mit angeschlossener Mälzerei.

Neben einigen Mälzerei-Neugründungen gibt es in Italien inzwischen auch sieben Trocknungs-, zwei Absack- und zwei Pelletzentren für Hopfen sowie sieben Hopfenpflückmaschinen, die die Ernte der 28.000 Hopfenpflanzen übernehmen. Eine Laborakkreditierung läuft gerade ebenfalls.

Bestes Beispiel für die Verwendung und Weiterverarbeitung von nahezu 100 Prozent heimischen Rohstoffen ist die Brauerei Mastri Birrai Umbri in der Nähe von Perugia, die vom Feld bis zum fertigen Bier alles unter einer Firmengruppe herstellt [3, 5].

Für Biersommelier Riva haben die Italiener dank ihrer ausgeprägten Weintradition und dem seit jeher hohen Stellenwert von Food Pairing auch beim Thema Bier die Chance, „Weltmeister im Food Pairing zu werden“. Riva sieht darin einen Weg, um weitere neue Kunden für italienisches Bier zu begeistern [4].

Auf welch hohem Niveau die italienischen Brauer arbeiten, zeigt ein Blick auf die Ergebnisse des European Beer Star 2020, der am 11. November 2020 im Rahmen der BrauBeviale Special Edition verliehen wurde: Im Medaillenspiegel belegt Italien erneut Platz 3 mit 9x Gold, 10x Silber und 8x Bronze. Man darf sich also noch auf viele weitere spannende Bierkreationen aus dem Land von „la dolce vita“ freuen.

Quellen:

  1. Assobirra Annual Report 2019
  2. Martin Rederlechner, Febo Leondini: „Exportmarkt Italien – Markenbildung lohnt sich“, BRAUWELT Nr. 4-5, 2020, S. 92-94.
  3. Markus Fohr: „Giro d’Italia – eine „Bierreise in den Süden“ Etappe 1: Der italienische Biermarkt im Überblick“, BRAUWELT Nr. 1-2, 2020, S. 29-31.
  4. Simonmattia Riva: „Ein Überblick über Italiens Craft Brauereien“, Vortrag auf der BrauBeviale Special Edition im Rahmen des Slots „Italian Affairs“ präsentiert von Arte Bier, 2020.
  5. Stefan Grauvogl: „Rohstoffe 100 % Made in Italy“, Vortrag auf der BrauBeviale Special Edition im Rahmen des Slots „Italian Affairs“ präsentiert von Arte Bier, 2020.
  6. European Beer Star 2020


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