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Mehrere Menschen, die Schilder hochhalten. Es soll eine Demonstration dargestellt werden.
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Social Media UND Marketing

„Lieber 1.000 Lover als 1.000 000 Liker“

Zwei Menschen, die sich einen Finger als Einhorn vor die Stirn halten
Mit Mut, Witz und dem ernstgemeinten Vorsatz, die Welt ein Stück besser zu machen, haben die Gründer von Einhorn Herzen im Sturm erobert. Andere Kondommarken verkaufen zwar mehr Gummis, aber keine hat so viele Fans wie Einhorn.

Dabei kann man sich bei den Tüten-Lümmeln aus der Hauptstadt viel abschauen, was Brandmarketing und den Einsatz von Social Media angeht. 

Als Philip Siefer und Waldemar Zeiler anfingen, trugen sie beide noch blaue Hemden und erzählten brav in die Kamera, was sie mit ihrem Start-Up vorhatten: fair produzierte Kondome verkaufen. Nachhaltig. Öko. Vegan. Social Business. Und so.

Als sie sich dann das Video zum Start ihrer Crowdfunding-Kampagne anschauten, wussten sie: Nee. Das ist es nicht. Also zogen sie sich Einhornkostüme an und bliesen Kondome mit der Nase auf. Und ab da lief’s.

Um ehrlich zu sein, läuft es mit Einhorn seitdem dermaßen gut, dass die Kondome mittlerweile nur noch ein Unternehmenszweig sind.

Dazu kommt eine zweite Produktrange: „Periodenprodukte“, wie sie bei Einhorn sagen, also Damenbinden, Slipeinlagen, Tampons, Menstruationscups. Wie die Kondome auch alle fair und nachhaltig und so produziert.

Sexy? Nö. Aber voll erfolgreich. Weil super vermarktet. Ganz ohne großes Werbebudget oder Plakate an Bushaltestellen. 

 
Eine Verpackung mit bunten Grafiken. Der Inhalt sind Kondome
Ständig werden Siefer und Zeiler gefragt: Wie macht ihr das eigentlich? Wie funktioniert gutes Marketing heute? Und muss man dafür so gaga sein wie die Einhörner? Und Antworten darauf zu geben, gehört nun auch zum Geschäft der Einhörner. 
 
Um es gleich zu verraten: Nein, man muss gar nicht total durchgeknallt sein. Aber man muss schon etwas wagen.
Davon erzählen Siefer und Zeiler auf Kongressen und in Coachings. Einer ihrer ersten Vorträge heißt „Unfuck the economy“.
 
Darin luden sie mal ihre Zuhörer ein, eine Woche den Chefsessel mit ihnen zu tauschen – und das erste Unternehmen, das mitmachte, war die Ottakringer Brauerei in Wien. Eine Woche lang gab Matthias Ortner den Kondom-Boss in Berlin, Phillip Siefer leitete derweil Ottakringer.
 
„Seitdem ist die Brauerei so etwas wie mein Patenkind“, sagt Siefer.

„Es gibt ja auch gewisse Ähnlichkeiten zwischen Bier und Kondomen: Wir befinden uns mit beidem in einem gesättigten Markt von einem Convenience-Produkt, das jeder braucht und konsumiert - mit dem Unterschied, dass man voll gerne Bier kauft und Kondome nicht.“

Und sonst so? Nun ja, findet der 36-Jährige, ein bisschen alt und langsam ist die Bierbranche eben.
 

Im Gespräch mit Phillip Siefer: 

 

Ehrliche Ansage: Was müssen Brauer und Brauerinnen in Sachen Marketing dringend lernen? 


Das ganze Thema neu zu denken. Man kann da nicht einfach zu einer Agentur rennen, die sagt: „Ah, Bier! Da arbeiten wir mit Gelb und Weiß. Und Blubberbläschen. Die stehen für Frische. Oh, und Natur! Wasser, Berge. Ganz wichtig.“ Das sind weder die Marke noch das Marketing, die man heute braucht. Solche Fake-Stories sind unzeitgemäß. Ob ein Bier in der Werbung auf einem Schiff getrunken wird oder am Strand oder im Wald ist doch egal. Das sind nichtssagende Bilder und leere Sprüche. Also ich spüre da nichts. Gar nichts.

Ist klassische Werbung tot?

Vor allem ist sie Quatsch: Du gibst Geld aus für die Fotos oder Spots von deinen Bierflaschen vor dem einsamen See, dann kaufst du auch noch teuer das Blatt Papier in der Zeitung oder die Sende-Sekunden, aber am Ende lernen die Leute überhaupt nichts über deine Marke. Die ganzen guten Geschichten über die Leute, die dieses Bier machen – nichts davon kommt rüber. Da gibst du das ganze Geld aus und schaffst keinen Mehrwert. 


Was hat denn Mehrwert?

Wenn man jemanden auf Augenhöhe trifft und sagt: Ich erzähle dir mal was Spannendes über uns. Von unseren Werten und unserer Kultur. 


Und natürlich von unserem Bier.

Nein, es geht tatsächlich um das, was man jenseits dessen macht. Gutes Bier ist vorausgesetzt, aber keine Geschichte. Damit kann man sich nicht von der Konkurrenz abheben. In unserer Einhorn-Kommunikation ist es auch irrelevant, dass das Kondom gut ist. Klar machen wir ein gutes Produkt, wer will schon schlechte Produkte machen? Aber interessant ist: Was machen wir darüber hinaus?


Das heißt, auch ein besonderes Bier wäre für dich nichts, was eine Marke nach vorne bringt? Stichwort: Traditionsbrauerei bringt Craft-Edition auf den Markt…

Craft Beer kann man machen, finde ich voll nett, ist aber nicht entscheidend. Ottakringer macht das auch, müsste aber nicht. Deren Bier ist so, wie es ist, spitze. Dabei ist in der Vermarktung vieler Brauereien noch Platz nach oben. Sie müssten ihre Marken verändern und zugänglicher machen. Ziel ist, dass Neukunden genauso wie die Leute, die Marke schon kennen, mehr Spaß damit haben. 


OK, ganz konkret: Wie macht man das?

Das ist voll viel Arbeit. Isso: Nichts wird geil, wenn man nicht viel Arbeit reinsteckt. Und es ist der größte Fehler, wenn Unternehmen sagen: Wir machen jetzt eine ganz tolle Marke, Relaunch, neues Design, alles super – aber dann arbeitet eigentlich keiner an der Marke, macht der Chef nebenbei. Das geht nicht!


Man sollte also einen Profi für das moderne Marketing anstellen?

Einen? Wer auf Marke setzt muss auch Menschen auf das Thema setzen! Wir sind bei Einhorn 20 Leute und davon sind vier für Gestaltung und Marke zuständig. Wenn also in einer Brauerei 180 Leute arbeiten und drei machen Marketing, kann man sich fragen: Wie stark können die so im Marketing sein? 


Welche Kanäle sind im zeitgemäßen Marketing am Wichtigsten? Snapchat oder FAZ? Lokalzeitung, Instagram oder ZDF?

(Winkt ab.) Die Trennung der Medien würde ich so nicht vornehmen. Es gibt – aus Rezipienten Sicht – keinen Unterschied zwischen Facebook, Bild-Zeitung und RTL. Für ihn ist egal, über welchen Kanal die Botschaft kommt. Das kann ein Vorteil sein.


Wieso?

Wenn du als Brauer etwas Krasses machst und die Leute interessiert das, dann kannst du selber das Medium werden. Wenn deine Geschichte so gut ist, dass die Leute sie weitererzählen, wenn es „sharable content“ ist und keine blöde Werbung, wird sie sich ohne Fernsehauftritt und Bild-Zeitungsbericht verbreiten. Die Leute haben alle ihrer eigenen Medien, nämlich die Newsline mit Posts derer, denen sie auf Instagram, Facebook und so folgen. 


Der Trick ist es also, in die Filterblase zu kommen?

In das Herz der Menschen. Das klappt, wenn du Inhalte lieferst, die den Menschen etwas bringen. Die Message „Trink unser Bier, ist lecker!“ bringt nichts. Das ist ein Sponsored Post für den du bezahlen musst. Umsonst. Genauso wie für gekaufte Fans.


Werbung bei Facebook und Instagram bringt also nichts?

Nein, denn es geht hier nicht um Masse. Wir nennen das: 1.000 Lover statt 1.000 000 Liker. Du willst, dass die Leute sich dir wirklich verbunden fühlen. 


Mit welchen Geschichten kriegt man das hin?

Wirklicher Spaß mit den Fans entsteht, wenn die Leute viel über dich wissen. Erzählt also von euch, euren Mitarbeitern. Die Identifizierbarkeit mit Personen, die hinter einer Marke stehen, ist viel größer als mit einem Glas Bier vor Landschaft. Der Bier-Spot mit dieser Insel und der Perle der Natur, das ist für mich ein Sinnbild von alter Werbung. Da kriegt man – vielleicht! – Lust auf ein Bier – aber noch lange nicht auf ein Krombacher. 

 

Phillip Siefer's Bewertung zu Social Media Kanälen:

 

Twitter: Verstehen wir nicht so richtig. So wie ich das sehe, sind da nur Journalisten und Trolle. Und Politiker. Vielleicht noch zwei Satiriker. Alles in allem für uns kein besonders wichtiger Kanal.

Facebook: Da haben wir den größten Stamm an Einhörnern, aber wir mögen den Kanal trotzdem nicht. Alles verschwindet da in einer schwarzen Wolke. Das Publikum ist sehr breit. Wir machen auf Facebook vor allem Witze, Gifs und klassische Werbung. „Wir haben ein neues Produkt“ posten wir nirgends sonst.  Ah, noch ein Gutes: Feedback. Kommt hier massig. 

Instagram: Für uns der Ersatz für Snapchat. Wir produzieren Insta-Stories, also kurze Videos, immer spontan und einfach mit dem Handy vorm Gesicht, es gibt keinen Veröffentlichungsplan. Bei den Bildern hingegen kuratieren wir schon. Sie zeigen, wie unsere Einhornwelt aussieht. Dazu schreiben wir positive und nette Sachen. Das ist wichtig: Positiv und nett! 

Snapchat: Letztes Jahr voll der Hype, jetzt ganz abgeflacht. Wird in Deutschland mehr als Messanger genutzt, weniger als Community. Also haben wir das auch wieder sein gelassen und gesagt: Wir gehen jetzt zu Insta-Story. Die Leute sind – echt erstaunlich - mitgegangen. Was zeigt: Es gibt keine Social-Media-Treue. Man geht einfach immer zum größten Medium. 

Youtube: Ist etwas für längere Videos, die dann aber auch professionell produziert sind. Keine schnellen Handyschüsse. 

Blog: Hier posten wir längere Texte, die wir selbst schreiben und in denen wir von den Menschen hinter der Marke erzählen. Wenn wir zum Produzenten unseres Latex nach Malaysia fahren, dann schreiben wie hier darüber.

Xing und LinkdIn: Das hat Waldemar eher vor Kurzem als sehr guten Kanals entdeckt. Wir schreiben da eher so Business-Artikel, passend zur Zielgruppe, die extrem gut geteilt werden.

Podcasts: Mega-Medium! Es ist total einfach, einen guten Podcast zu machen, man braucht nur ein sehr gutes Mikro und Aufnahmegerät. Kriegt man für 500 Euro. Hochladen auf Spotify und iTunes ist easy. Aber: Dass die Leute sich das dann auch anhören, ist eine Frage der Relevanz der Inhalte. 

Crowdfunding: Richtig. Viel. Arbeit. Man darf das echt nicht unterschätzen, oft denkt man ja, so ein Crowdfunding Video ist schnell gedreht. Aber: Nichts wird geil, wenn man nicht viel Arbeit reinsteckt. Wir haben an unserem drei bis vier Monate gearbeitet – nur mal so. 

 
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