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Junge Frauen trinken Bier Die Generation YZ will begeistert werden (Foto: Elevate, Unsplash)
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Kontext sells

Was macht Kellerbier, Helles & Co. so attraktiv? Was ändert sich durch Corona? Worauf achten besonders die jungen Konsumenten, und was werden die neuen Trends bei altbewährten Bieren? Markenexperte Uwe Lebok von K&A BrandResearch wirft einen Blick auf die deutsche Bierlandschaft und die Wünsche der Konsumenten.

Markenpflege


So wunderbar die Belebung der Biere durch die US-amerikanische Craft Beer Bewegung auch war, unter dem Strich hat sie – zumindest in Mitteleuropa – nicht dazu beigetragen, dass sich der Bierkonsum pro Kopf erhöhte. Die Absatzvolumina befinden sich weiterhin im Sinkflug, was sich aufgrund der zu Jahresbeginn unvorhersehbaren Corona-Krise und des ausbleibenden Gastro-Fassbier-Geschäftes weiter verschärfen wird.

Auch die Lust auf ausgefallene Biere dürfte sich aufgrund der Auswirkungen der Pandemie auf Arbeitsmarkt und Konsumklima eher negativ auswirken. Ein Zwischenhoch der Standardbiere und „Billigheimer“ ist realistisch, ein Wiedererstarken einiger Regionalmarken nach der Krise vorhersehbar. Bereits in vergangenen Wirtschaftskrisen konnte in internationalen Studien mehrfach belegt werden, dass nach Wiederbelebung der Kaufkraft emotional aufgeladene Marken überproportional stärker wuchsen als jene, die dem Durchschnitt der Kategorie (hier: sog. „Volksbiere“) entsprachen.


In der Krise in die Marke investieren


Allerdings gelten diese Prognosen nicht für jede Marke, sondern nur für diejenigen, die in der Krise rechtzeitig ihre Hausaufgaben erledigten und in die Marke (durch Research, Concepting, After-Crisis-Kommunikationsstrategien, usw.) investierten. Diejenigen Marken, die bereits vor der Krise Schwierigkeiten hatten oder im Markt devot agierten, verschwinden nach Krisenzeiten relativ zügig von der Bildfläche.

Der Craft Beer Markt wird sich in Deutschland binnen kürzester Zeit bereinigen. Das hat viele Ursachen: In einer alternden Gesellschaft nimmt die Feierlaune ab. Auch ist in einem Zuwanderungsland wie der Bundesrepublik nicht jeder junge Neukonsument automatisch Bierliebhaber. Wie das auch nach wie vor für einen Großteil der Frauen gilt.
Für diese potenziellen Zielgruppen hat die Brauwirtschaft bislang noch keine marktwirksamen Konsumanlässe kreiert.


Generation YZ: Multioptionalität statt Markenloyalität


Mit den stark erlebnisgetriebenen Generationen Y und vor allem Z (Jahrgang 1995 und später) sind zudem Verbraucher herangewachsen, die als Digital Natives mit maximaler Auswahl, Multioptionalität, Gleiche-Augenhöhe-Prinzip und dem Streben nach möglichst unmittelbarer Bedürfnisbefriedigung groß geworden sind.

Je größer die Auswahl an Möglichkeiten, desto unwahrscheinlicher wird eine immerwährende Entscheidung für ein und dasselbe Angebot. Und der Effekt wirkt sich umso stärker aus, je früher eine Generation mit Multioptionalität und Unmittelbarkeit im Laufe ihres Lebens in Berührung gekommen ist.


Kaufkriterien aus Konsumentensicht


Trotz oder gerade wegen schwindender Markenbindung ist in den letzten Jahren das Interesse an „kleinen“ Brauereien gewachsen – mit Marktwachstum auch in den jungen Verbrauchergenerationen. Das liegt dabei weniger an der Klarheit des Markenbildes der zahlreichen Regionalbiere als vielmehr am Wunsch der Gen YZ, regionale Hersteller unterstützen zu wollen („Robin-Hood-Syndrom“) bzw. sich im (gedachten) peer-group-Kontext mit lokal authentischen Originalen auszuweisen.

Damit sich Verbraucher heute über ihren Bierkonsum differenzieren können, helfen regionale Anbieter, und ihre (vermeintlich) regionaltypischen Sorten. Die immer noch am meisten getrunkene Sorte Pils verkam für die Mehrheit der Verbraucher zu einer austauschbaren Massenware.

Um breitenwirksam zu sein, müssen die Sorten leicht trinkbar und leicht in den eigenen Lebensalltag integrierbar sein: Je mehr Trinkanlässe oder mehrheitsfähige Kontexte wir als Verbraucher mit einer Sorte verbinden, desto leichter gelingt die Marktdurchdringung.


Verbraucherwissen ist kein Expertenwissen


Es gilt immer wieder eine Tatsache hervorzuheben: Verbraucherwissen hat nichts mit dem Expertenwissen der Brauer zu tun. Bei Verbrauchern besteht meistens Halb-Wissen. Wer die Sprache der Konsumenten nicht spricht, wird nicht verstanden. Und wer nichts Spannendes und Merkwürdiges zu erzählen hat, wird vergessen oder nicht einmal registriert.


Geschmack, Storytelling und Cultural Imprinting


Zwar ist „bessere Bierqualität“ von allen Verbrauchern gewünscht. Nur können sie diese nur selten exakt definieren, da sie sich aus einem Sammelsurium aus Fakten, Befindlichkeiten und eigenen Einschätzungen subjektiv zusammensetzt. Geschmackliche Erfahrungen mit dem Produkt sind dabei ein wesentlicher Treiber für eine Qualitätseinschätzung.

Daneben bestehen noch weitere Merkmale, die bei Verbrauchern das Bild von einem qualitativ wertvollen Bier unterstützen. Word of Mouth wie auch merkwürdige Markensignale oder Botschaften (Storytelling) zählen genauso dazu, wie das sogenannte Cultural Imprinting (nach Kevin Simmler): Verbraucher wollen sich mit einem Produkt in der Öffentlichkeit sehen lassen, bei Freunden profilieren und sich gegenüber „den Anderen“ differenzieren. Als Anschauungsbeispiel: Augustiner ist zwar in München gesetzt, jüngere, „freier“ denkende Konsumenten wählen jedoch bewusst Giesinger.


Keller, Helles – warum kommen sie an?


Regionale Standardbiere wie das Helle oder das Kellerbier wurden quasi über Nacht zu deutschlandweiten Spezialitäten und können auf beachtliche Erfolge bei Beliebtheit und Kauffrequenz in jüngster Vergangenheit zurückblicken – vor allem in der erlebnishungrigen Verbrauchergeneration der Gen YZ (1980 und später Geborene).

Was steckt hinter diesem Erfolg? Pils erlebt seit Jahren einen kontinuierlichen Rückgang. Weizen hatte kurzzeitig als bayerische Spezialität ein Zwischenhoch, benötigt aber für seine Kontextinszenierung das entschleunigende Einschenk-Ritual und eine gepflegte Gemütlichkeit im gefühlt bayerischen Setting. Und das im Zeitalter von Schnelligkeit, Unmittelbarkeit & Co. – nicht für jedes Weißbier ideale Kontextbedingungen.

Helles dagegen ist unkomplizierter, schafft psychologische Nähe zu Bayern, seiner Lebensart und Kulinarik. Allein das gemeinsame Trinken und der süffige Geschmack lassen das Produkt bekömmlicher wirken, ohne auf weißblaue Bieratmosphäre im Mindset verzichten zu müssen. Sicherlich hilft dieser Biersorte auch, dass Bayern als Urlaubs- und Freizeitregion hervorragend aufgeladen ist – im Gegensatz zu Köln und Kölsch, was weiterhin lokales Nischendasein führt.

Das naturtrübe Kellerbier punktet mit der authentischen Handwerkskunst der fränkischen Brauer. Inzwischen bieten auch Brauereien wie Gold Ochsen, Köstritzer, Krombacher, Franziskaner oder Störtebeker die fränkische Spezialität an – was diese Sorte deutschlandweit aus der regionalen Nische befreite.


Biere mit Potenzial


Alkoholfreie Bierstile befinden sich aktuell im Wachstum, Export und Lager haben sicherlich noch Wachstumspotentiale. Viele andere Braustile agieren aber immer noch im Mikrobereich – u.a. Wittbiere, Gosen, Pale Ale, IPA – alles Produkte, die sich nicht leicht auf Anhieb Verbrauchern mehrheitlich geschmacklich, konzeptionell und anlassbezogen erklären lassen.

„Schlanke“ Biere haben es dabei leichter als Bierstile, die geschmacklich sperrig oder im Auftritt schwer wirken. Wenn wir einen Blick auf den Weinkonsum werfen, entdecken wir vergleichbare Tendenzen, da Verbraucher eher zu leichteren, fruchtigen Cuvee-Weinen tendieren als zu schweren, alkoholreicheren Produkten. Lager- und Export-Biere haben aus diesem Grund alle Optionen, um auch für neue Verbrauchergenerationen neu entdeckt zu werden. Insbesondere Export ist für viele Konsumenten aus Gen YZ eher unbekannt und hat wenig mit Assoziationen der 1980er-Jahre zu tun.


Auf den Kontext kommt es an


In jedem Fall eröffnen Kontexte heute Biere für Menschen schneller als ausschweifend lange Erklärungen. Oktoberfestbiere dürften im Handel deutschlandweit laufen – auch wenn das Oktoberfest-Original in München ausnahmsweise einmal nicht stattfindet. Denn die neue, neo-traditionelle Wies’n-Zeit im Herbst hat sich für viele Verbraucher als feste Jahreszeit etabliert.

Mahrsbräu aus Bamberg hat es zudem geschafft, den jahrzehntelangen Rohrkrepierer des Leichtbieres regional wiederzubeleben: Was schmeckt jungen Bierverwendern besser – ein Mahrs-Leichtbier oder ein Mahrs-Sommerpils? Selbst Pils, Märzen, Landbier & Co. lassen sich geschmacksvoller für Verbraucher inszenieren, wenn sie als Viehscheidbier, Schäuferle-Seidla, Weißwurst-Weizen, Karpfen-Gold oder zu Halloween als Hexensud o.ä. positioniert sind.

Wir alle sind Menschen und für die meisten von uns gelten einfach immer noch viele Regeln des Volksmundes: Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte – und das Auge isst immer mit!


Verbraucherkontexte verstehen und bedienen


Der Mut mancher Brauer, Produkte aus Sicht des Verbrauchers neu zu denken, ist nicht nur lobenswert, sondern wird für viele nach der Corona-Krise existentiell sein. Wer es verpasst, rechtzeitig und gerade in Krisen die Zeit zu nutzen, querzudenken bzw. Verbraucherkontexte heute zu verstehen und auf das Morgen zu übertragen, kann schneller unter die Räder kommen, als andere Brauer vorausdenkende Erfolgsbeispiele nachahmen können. COVID-19 hat bei vielen Brauereien Schmerz und Leid ausgelöst. Viele Bierstile und Marken befinden sich aber bereits seit Jahren (und deutlich vor der Pandemie) in der Krise. Krisen können auch Chancen schenken.

Warum wird dann nur so wenig investiert, neue Wege aus dem Verbraucher heraus für Bier zu entwickeln?


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