Termin vereinbaren mit
Damit Sie einen Termin vereinbaren können, wird der Kalender auf dem persönlichen Profil Ihres Ansprechpartners in einem neuen Tab geöffnet.
Vor-Ort-Termin vereinbaren mit
Damit Sie einen Vor-Ort-Termin vereinbaren können, wird die Terminanfrage in einem neuen Tab geöffnet.
Zwei Ansätze zur Maischeführung
Die Modernisten argumentieren, dass die Mälzer heutzutage bereits einen Großteil der Arbeit am Rohstoff Getreide vorlegen, den die Brauer in früheren Zeiten erst im Maischebottich erledigen konnten. Auch weisen sie darauf hin, dass Brauer selbst mit einer Mehrstufeninfusion alle wichtigen enzymatischen Umwandlungen auch ohne Maischekochen einleiten können.
Schließlich gibt es eine Gruppe von Brauern, die einen Mittelweg begehen, indem sie meinen, dass einige Bierstile – normalerweise aus der deutschen Braukultur – von einer Dekoktion unter Umständen profitieren können, wohingegen andere Stile – normalerweise aus der britischen und belgischen Braukultur – bereits im Ansatz nur für Infusionen konzipiert sind.
Die deutsche Sudhaustradition
Vereinfacht basiert die traditionelle deutsche Sudhausmethode auf einem mehrstufigen Extraktionsverfahren, bei dem die Würze aus dünnen Maischen gewonnen wird, die zwischen verschiedenen Gefäßen hin und her bewegt werden – früher durch Umschöpfen, heute durch Umpumpen. Dieses Verfahren erzielt die besten Ergebnisse bei einem Gewichtsverhältnis zwischen Brauwasser und Schüttung von etwa 3:1 bis sogar 5:1. Der Hauptguss für eine derart niedrig-viskose Maische kann bis zu 80 Prozent des Sudpfannevolumens betragen.
Ein Teil der Maische (etwa ein Drittel) wird dann wiederholt in einen speziellen Kocher überführt und dort langsam auf den Siedepunkt erhitzt. Die Kochdauer jeder Teilmaische beläuft sich auf 15 und bis zu 60 Minuten (bei dunkleren Bieren), wonach der gekochte Teil in die Hauptmaische zurückgeführt wird, um dort einen etappenmäßigen Temperaturanstieg zu bewirken.
Erfahrungswerte und Messwerte
Die britische Sudhaustradition
In den Sudhäusern im britischen Stil wird Maische grundsätzlich nie gekocht. Damit ist die klassische britische Braumethode viel einfacher als die deutsche. Beim britischen Maischen handelt es sich ausnahmslos um ein hoch-viskoses, stationäres Schrotbett mit einem Gewichtsverhältnis zwischen Brauwasser und Schüttung von vielleicht nur 2:1, manchmal sogar noch niedriger, normalerweise in einem Doppelfunktions-Maische-Läuter-Bottich. Damit ist das Verhältnis zwischen Einmaischwasser und Nachgusswasser beim britischen Dickmaisch-Sudhausverfahren fast umgekehrt im Vergleich zum deutschen Dünnmaisch-Sudhausverfahren.
Die Brauer halten die Maische oft nur bei einer einzigen Temperatur im Diastasebereich. Nach der Verzuckerung und einer kurzen Rezirkulation der Würze läuft das Abläutern in die Sudpfanne relativ langsam. Es kann bis zu 90 Minuten oder länger dauern. Dabei wird die Maische gleichzeitig und kontinuierlich mit heißem Brauwasser überschwänzt. Oft wird die Abmaischtemperatur durch und nicht vor dem Überschwänzen erreicht. Die Tiefe der Flüssigkeit über der Maische wird normalerweise konstant auf etwa 3 – 5 cm gehalten.
Argumente pro Dekoktion
Argumente pro Infusion
Zwei Testsude
Damit stellt sich eigentlich nur noch die Frage, ob geschmackliche Unterschiede den extra Aufwand einer Dekoktion rechtfertigen. Zu diesem Zweck wurde ein simples Maibockrezept konzipiert, welches an zwei aufeinanderfolgenden Tagen – erst per Infusion, dann per Dekoktion – im Sudhaus der Weyermann® Braumanufaktur in Bamberg mit den gleichen Zutaten nach identischen Spezifikationen gebraut wurde (siehe Tabelle).
Der Maibock mit seinem sauberen Malzgeschmack bot sich als Bierstil für diesen Test an.
Die Schüttung für beide Biere bestand zu 88 Prozent aus Pilsner Malz, zu sieben Prozent aus Caraamber® und zu fünf Prozent aus Carapils®. Der Zweck der beiden Spezialmalze war ein voller Körper sowie eine stilkonforme Farbe. Da es bei diesem Experiment mehr um Malz als um Hopfen ging, wurde die Bittere (aus der Traditions-Landsorte Spalter Select) bewusst auf etwa 25 IBU gedrosselt.
Das Aroma lieferte die „edle“ Landsorte Tettnanger. Auch die Hefe wurde mit der niedrig-esterigen SafLagerTM S-189 bewusst zurückhaltend gewählt. Konsequenterweise wurden die Gärtemperaturen für beide Biere auf 12 °C, also am unteren Rand des Arbeitsbereichs dieser Hefe, gehalten, was die Bildung von Gärnebenprodukten in Grenzen hielt.
Die sensorische Wahrheit
Beide Biere sind sich im Grunde sehr ähnlich. Die minimalen Unterschiede in den relevanten Aspekten sind vielleicht nur von sensorisch trainierten Verkostern wahrnehmbar und in Worte zu fassen. Grob verallgemeinert erscheint der aufwendige Dekoktions-Maibock etwas alkoholischer sowie weniger vollmundig und süßlich.
Besonders im Abgang ist er auch etwas hopfenbitterer. Interessant war die überraschend unorthodoxe Farbbewertung: Die meisten Verkoster konnten entgegen der Theorie keinen farblichen Unterschied zwischen den beiden Bieren feststellen. Bei der Schaumbildung gaben die Verkoster dem Infusions-Maibock den Zuschlag, wohingegen es im Bouquet nur marginale Unterschiede gab. Allerdings konnte der Infusions-Maibock im Antrunk sowie in der Ausgeglichenheit im Abgang ein klares Plus verbuchen. Auch schnitt er in den Bereichen Vollmundigkeit und Malz-Hopfen-Balance leicht besser ab.
Besonders auffallend war, dass der Dekoktions-Maibock keine größere Menge an melanoidinbedingten, brotartigen, karamellsüßen, toffeeähnlichen und malzig-bitteren Aromen aufwies, welches ja eines der Schlüsselargumente der Protogonisten des Maischekochens ist. Die Erklärung liegt wohl darin, dass der gezielte Einsatz von modernen Spezialmalzen von guter Qualität in einer Infusionsmaische die gleichen oder sehr ähnliche sensorische Ergebnisse hervorbringen kann wie eine Dekoktionsmaische.
Natürlich bleibt es jedem Brauer individuell vorbehalten, zu entscheiden, ob die geringen geschmacklichen Unterscheide zwischen den beiden Sudhausverfahren den extra Aufwand in Personal, Zeit und Energie Wert sind. Jedoch lässt das hier vorgestellte empirisch-sensorische Experiment summa summarum den Schluss zu, dass das „Notwendigkeits“-Argument für eine Dekoktion selbst bei klassischen deutschen Bieren wie dem Maibock heutzutage kaum mehr zwingend ist.