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Zwei Gläser mit Bier vor dem Sudhaus der Weyermann® Braumanufaktur (Foto: Weyermann®) Die Diskussion Dekoktion vs. Infusion läuft in vielen Fällen auf reine Bier-„Stil“-Fragen hinaus (Foto: Weyermann®)
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  • Bier

Sind Dekoktionsmaischen noch zeitgemäß?

Sorgt Dekoktion für den ultimativen malzigen Biergeschmack, wie Traditionalisten behaupten? Oder verschlingt sie – wie die Modernisten meinen – einfach nur wertvolle Sudhauszeit und -energie ohne einen feststellbaren Geschmacksunterschied im fertigen Bier hervorzubringen? Thomas Kraus-Weyermann und Horst Dornbusch führten einen empirisch-sensorischen Test durch, um der Wahrheit näherzukommen.

Zwei Ansätze zur Maischeführung

 

Die Modernisten argumentieren, dass die Mälzer heutzutage bereits einen Großteil der Arbeit am Rohstoff Getreide vorlegen, den die Brauer in früheren Zeiten erst im Maischebottich erledigen konnten. Auch weisen sie darauf hin, dass Brauer selbst mit einer Mehrstufeninfusion alle wichtigen enzymatischen Umwandlungen auch ohne Maischekochen einleiten können.

Schließlich gibt es eine Gruppe von Brauern, die einen Mittelweg begehen, indem sie meinen, dass einige Bierstile – normalerweise aus der deutschen Braukultur – von einer Dekoktion unter Umständen profitieren können, wohingegen andere Stile – normalerweise aus der britischen und belgischen Braukultur – bereits im Ansatz nur für Infusionen konzipiert sind.

 
Der Dekoktions-Maibock im Verkostungsglas (Foto: Weyermann®) Der Dekoktions-Maibock wurde in der Nase intensiver, mit weniger Süße, aber mehr Alkohol empfunden (Foto: Weyermann®)

Die deutsche Sudhaustradition

 

Vereinfacht basiert die traditionelle deutsche Sudhausmethode auf einem mehrstufigen Extraktionsverfahren, bei dem die Würze aus dünnen Maischen gewonnen wird, die zwischen verschiedenen Gefäßen hin und her bewegt werden – früher durch Umschöpfen, heute durch Umpumpen. Dieses Verfahren erzielt die besten Ergebnisse bei einem Gewichtsverhältnis zwischen Brauwasser und Schüttung von etwa 3:1 bis sogar 5:1. Der Hauptguss für eine derart niedrig-viskose Maische kann bis zu 80 Prozent des Sudpfannevolumens betragen.

Ein Teil der Maische (etwa ein Drittel) wird dann wiederholt in einen speziellen Kocher überführt und dort langsam auf den Siedepunkt erhitzt. Die Kochdauer jeder Teilmaische beläuft sich auf 15 und bis zu 60 Minuten (bei dunkleren Bieren), wonach der gekochte Teil in die Hauptmaische zurückgeführt wird, um dort einen etappenmäßigen Temperaturanstieg zu bewirken.

 

Erfahrungswerte und Messwerte

 
Noch heute wenden einige Brauereien ein ausgeklügeltes und zeitaufwändiges Zweifach- oder Dreifach-Dekoktionsschema an, um die Abmaischtemperatur zu erreichen. In der entfernten Vergangenheit beurteilten die Dekoktionsbrauer aus ihrer Erfahrung heraus, wie viel Maische sie in jeder Phase abziehen und kochen mussten und wie oft sie die Dekoktion wiederholen mussten, um die Hauptmaische von der Einmaisch- bis auf die optimale Abmaischtemperatur hochzufahren.
 
Mit der Erfindung des Thermometers sowie nach Fortschritten in der Biochemie und dem damit verbundenen Verständnis der Getreideenzyme war es jedoch plötzlich nicht mehr notwendig, dass sich Brauer auf die bekannten Temperaturen von Brunnenwasser und Kochmaischen und auf die leicht messbaren Dekoktionsvolumina stützten. Mit diesen beiden großen Errungenschaften in der Kontrolle der Maische – die Temperaturmessung und das Verständnis der Enzyme – müssen Brauer, die auch heute noch auf die vorindustrielle Dekoktionsmethode pochen, bessere Argumente anführen als nur deren „Notwendigkeit“.
 
Der Infusions-Maibock im Verkostungsglas (Foto: Weyermann®) Der Infusions-Maibock überzeugte im Antrunk sowie mit der Ausgeglichenheit im Abgang (Foto: Weyermann®)

Die britische Sudhaustradition

 

In den Sudhäusern im britischen Stil wird Maische grundsätzlich nie gekocht. Damit ist die klassische britische Braumethode viel einfacher als die deutsche. Beim britischen Maischen handelt es sich ausnahmslos um ein hoch-viskoses, stationäres Schrotbett mit einem Gewichtsverhältnis zwischen Brauwasser und Schüttung von vielleicht nur 2:1, manchmal sogar noch niedriger, normalerweise in einem Doppelfunktions-Maische-Läuter-Bottich. Damit ist das Verhältnis zwischen Einmaischwasser und Nachgusswasser beim britischen Dickmaisch-Sudhausverfahren fast umgekehrt im Vergleich zum deutschen Dünnmaisch-Sudhausverfahren.

Die Brauer halten die Maische oft nur bei einer einzigen Temperatur im Diastasebereich. Nach der Verzuckerung und einer kurzen Rezirkulation der Würze läuft das Abläutern in die Sudpfanne relativ langsam. Es kann bis zu 90 Minuten oder länger dauern. Dabei wird die Maische gleichzeitig und kontinuierlich mit heißem Brauwasser überschwänzt. Oft wird die Abmaischtemperatur durch und nicht vor dem Überschwänzen erreicht. Die Tiefe der Flüssigkeit über der Maische wird normalerweise konstant auf etwa 3 – 5 cm gehalten.

 
Tabelle mit Angaben zu Schüttung, Hopfen und Gärführung der beiden Testsude Beide Testsude wurden nach identischen Spezifikationen eingebraut

Argumente pro Dekoktion

 
Obwohl die alten, auf der Einfachheit der Volumenmessung zur Steuerung der Maischetemperatur beruhenden Argumente für die Dekoktion heute nicht mehr gelten, preisen dessen Protagonisten trotzdem einige Vorteile an:
 
Bei der Dekoktion verläuft der Aufschluss von Stärkekörnern und Zellwänden effektiver, was zu höherer Extraktausbeute führt, die Dekoktion erzeugt intensivere Malzaromen durch nicht-enzymatische Karamellisierung und Maillard-Reaktion, sie verläuft praktisch sauerstofffrei. Eiweißstoffe lassen sich durch Dekoktion besser ausfällen, eine klarere Würze mit weniger Trub ist die Folge.

Argumente pro Infusion

 
Viele Argumente für eine Infusion beruhen auf den Dingen, die die Dekoktion nicht bewirkt oder verlangt:
 
Das Infusionsverfahren verläuft schneller und spart Energie. Mit den modernen hochmodifizierten Malzen lassen sich auch mit dem Infusionsverfahren sehr gute Ausbeuten erzielen. Die Anfangsinvestition in ein dekoktionsfähiges Sudhaus ist wesentlich höher, und moderne Malzspezialitäten wie zum Beispiel Melanoidin- und Karamellmalze bieten die gleichen Aromen, die von einer Dekoktion erwartet werden.
 
 
Tabelle mit Angaben zum Sudhausverfahren der beiden Testsude Beim Infusionsverfahren wurde ein gängiges Hoch-Kurz-Verfahren gewählt, bei der Dekoktion kam ein Zwei-Maisch-Verfahren zum Zug

Zwei Testsude

 
Damit stellt sich eigentlich nur noch die Frage, ob geschmackliche Unterschiede den extra Aufwand einer Dekoktion rechtfertigen. Zu diesem Zweck wurde ein simples Maibockrezept konzipiert, welches an zwei aufeinanderfolgenden Tagen – erst per Infusion, dann per Dekoktion – im Sudhaus der Weyermann® Braumanufaktur in Bamberg mit den gleichen Zutaten nach identischen Spezifikationen gebraut wurde (siehe Tabelle).

Der Maibock mit seinem sauberen Malzgeschmack bot sich als Bierstil für diesen Test an.

Die Schüttung für beide Biere bestand zu 88 Prozent aus Pilsner Malz, zu sieben Prozent aus Caraamber® und zu fünf Prozent aus Carapils®. Der Zweck der beiden Spezialmalze war ein voller Körper sowie eine stilkonforme Farbe. Da es bei diesem Experiment mehr um Malz als um Hopfen ging, wurde die Bittere (aus der Traditions-Landsorte Spalter Select) bewusst auf etwa 25 IBU gedrosselt.

Das Aroma lieferte die „edle“ Landsorte Tettnanger. Auch die Hefe wurde mit der niedrig-esterigen SafLagerTM S-189 bewusst zurückhaltend gewählt. Konsequenterweise wurden die Gärtemperaturen für beide Biere auf 12 °C, also am unteren Rand des Arbeitsbereichs dieser Hefe, gehalten, was die Bildung von Gärnebenprodukten in Grenzen hielt.

Die sensorische Wahrheit

 

Beide Biere sind sich im Grunde sehr ähnlich. Die minimalen Unterschiede in den relevanten Aspekten sind vielleicht nur von sensorisch trainierten Verkostern wahrnehmbar und in Worte zu fassen. Grob verallgemeinert erscheint der aufwendige Dekoktions-Maibock etwas alkoholischer sowie weniger vollmundig und süßlich.

Besonders im Abgang ist er auch etwas hopfenbitterer. Interessant war die überraschend unorthodoxe Farbbewertung: Die meisten Verkoster konnten entgegen der Theorie keinen farblichen Unterschied zwischen den beiden Bieren feststellen. Bei der Schaumbildung gaben die Verkoster dem Infusions-Maibock den Zuschlag, wohingegen es im Bouquet nur marginale Unterschiede gab. Allerdings konnte der Infusions-Maibock im Antrunk sowie in der Ausgeglichenheit im Abgang ein klares Plus verbuchen. Auch schnitt er in den Bereichen Vollmundigkeit und Malz-Hopfen-Balance leicht besser ab.

Besonders auffallend war, dass der Dekoktions-Maibock keine größere Menge an melanoidinbedingten, brotartigen, karamellsüßen, toffeeähnlichen und malzig-bitteren Aromen aufwies, welches ja eines der Schlüsselargumente der Protogonisten des Maischekochens ist. Die Erklärung liegt wohl darin, dass der gezielte Einsatz von modernen Spezialmalzen von guter Qualität in einer Infusionsmaische die gleichen oder sehr ähnliche sensorische Ergebnisse hervorbringen kann wie eine Dekoktionsmaische.

Natürlich bleibt es jedem Brauer individuell vorbehalten, zu entscheiden, ob die geringen geschmacklichen Unterscheide zwischen den beiden Sudhausverfahren den extra Aufwand in Personal, Zeit und Energie Wert sind. Jedoch lässt das hier vorgestellte empirisch-sensorische Experiment summa summarum den Schluss zu, dass das „Notwendigkeits“-Argument für eine Dekoktion selbst bei klassischen deutschen Bieren wie dem Maibock heutzutage kaum mehr zwingend ist.

 
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