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Cocktail-Glas, das aus einer Flasche befüllt wird (Foto: Nathan Dumlao auf Unsplash) Kann man das genießen? Alkoholfreie Spirituosen-Alternativen befinden sich aktuell in einer Art Niemandsland zwischen aufstrebender Kategorie und unbekannten Marktchancen (Foto: Nathan Dumlao auf Unsplash)
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Nullnummer mit Zukunft?

Ich schreibe diesen Artikel, nachdem ich bereits einen Aperitif sowie einen erfrischenden Gin & Tonic im Glas hatte, den nächsten Longdrink schenke ich mir gerade genussvoll ein – vielleicht noch einen Rosmarinzweig oder eine Gurkenscheibe dazu …? Warum ich noch immer klaren Kopfes bin, liegt an der Tatsache, dass es sich in jedem Glas um ein ALKOHOLFREIES Getränk handelte!

Alkoholfreie Spirituosen? Gibt es nicht!

 

Für alkoholfreien Gin, Rum, Whisky & Co gibt es noch keine offizielle Kategorie-Bezeichnung, jedoch eines dürfen sie laut EU-Richtlinie auf keinen Fall sein: alkoholfreie Spirituosen, denn Spirituosen verfügen über einen Alkoholgehalt von mindestens 15 Vol.-%. Somit funktioniert die Kombination der beiden Begriffe schon aus rechtlichen Gründen nicht. Mein Vorschlag lautet: alkoholfreie Spirituosen Alternative – kurz AFSA – oder im konkreten Fall alkoholfreie Gin/Rum/Whisky usw. Alternative.

Der Trend, welcher mit dem britischen Seedlip Gin im Jahr 2015 zu uns über den Atlantik schwappte, ist längt auch hierzulande angekommen. In meinem dritten Glas befindet sich ein interessantes Produkt aus unserer Hauptstadt: Humboldt Freigeist, ein nach eigenen Angaben „alkoholfreies Getränk ohne künstliche Aromen mit Wacholder, Orangenschale, Zimtrinde, Koriandersamen sowie Lavendelblüten“. Als jemand, die beruflich wie privat sehr hohe Ansprüche an die Sensorik eines Getränks stellt, war ich sehr überrascht, wie nah das Produkt an einem „echten“ Gin liegt und selbst nach fast einer Stunde im Glas noch kaum an Aromatik in Nase wie auch am Gaumen eingebüßt hat. Chapeau!

 
Überrascht von der Berliner Gin-Alternative, habe ich mit dem ursprünglichen Erfinder, Bastian Heuser der Spreewood Distillers, sowie den jetzigen Markeneigner, Tim Gillwald von Berliner Bärensiegel, zur aktuellen Marktlage, potenziellen Zielgruppen für alkoholfreie Alternativen sowie zu ihren Visionen für die Zukunft gesprochen. Wir alle drei sind fasziniert von diesem Neuland an Produktmöglichkeiten und einer aufstrebenden Kategorie, für die es bisher weder konkrete Marktzahlen noch einen EU-rechtskonformen Rahmen gibt. Impressionen des Gesprächs sind für Sie in den folgenden Zitaten und Aussagen festgehalten.
Sebastian Brack, Bastian Heuser und Steffen Lohr von Spreewood Distillers in ihrem Fasslager Sebastian Brack, Bastian Heuser, Steffen Lohr (v.l.n.r.) (Foto: Spreewood Distillers)

Gin macht Sinn – aber was ist mit Rum, Brandy oder Whisky ohne Alkohol?

 

Alkoholfrei ist in der Bierszene längst ein Renner, auch bei Wein und Schaumwein gibt es mittlerweile hervorragende Produkte ohne Volumenprozente. Sie alle eignen sich aufgrund ihrer niedrigen Originaltrinkstärke gut für die Reduktion auf 0,5 Vol.-% oder darunter. Auch bei Gin kann man entweder auf eine gänzlich alkoholfreie Basis oder auf das nachgelagerte Entziehen von Alkohol setzen. Bei braunen Spirituosen sind allerdings die Grundvoraussetzungen gänzlich anders… Zielgruppe, Art und Anlass des Konsums sowie die klassische Trinktemperatur geben einen Aufschluss darüber, warum es bereits relativ viele alkoholfreie Gin-Alternativen auf dem Markt gibt, aber nur wenige Rum- geschweige denn Whisky-Alternativen.

Gin basiert in der Regel auf hochwertigem Neutralalkohol, der mittels unterschiedlicher Verfahren verarbeitet und mit Botanicals (Zesten, Blüten, Rinden, Kräutern, Hölzern, Beeren etc.) aromatisiert wird. Selten trinkt man Gin pur, sondern genießt ihn als Sundowner oder erfrischendes Partygetränk mit einem Filler, Eis und Dekoration (Grapefruitscheibe, Rosmarinzweig, Gurkenspirale, Wacholderbeeren etc.). Die Zielgruppe der Gin-Trinker ist offen für neue Produkte und Experimente, tendenziell jünger, wenig dogmatisch und sucht den erfrischenden Genuss in geselliger Runde.

 

„Es muss endlich auch mal anspruchsvolle Getränke ohne Alkohol für den Geschmack der Erwachsenen geben.“ (Tim)

 

Rum, Brandy und Whisky sind im Vergleich weitaus komplexer. Allein durch die Fasslagerung kommen Farbe, Tannine sowie opulente Vanille- und Karamellnoten ins Spiel, ganz zu schweigen von den Aromen, die der Rohstoff Zuckerrohr, Traube oder Getreide beisteuert. Sie werden in der Regel pur und bei Raumtemperatur genossen oder als aufwändiger Cocktail getrunken und sind weniger ein „Nebenbei-Getränk“. Das macht den „Nachbau“ als eine nicht nur akzeptable, sondern wirklich genussvolle alkoholfreie Alternative umso schwerer – auch weil die Zielgruppe tendenziell etwas älter als beim Gin ist und sich deutlich stärker mit dem puren Produkt sowie allen Facetten seiner Herstellung und Reifung auseinandersetzt. Eine Möglichkeit wäre das aufwändige Entalkoholisieren der Originalspirituose, was jedoch den Preis enorm in die Höhe triebe.

 

„Geschmacklich ist im Segment der alkoholfreien Alternativen noch viel Luft nach oben.“ (Bastian)

 

Was derzeit an Rum oder Whisky ohne Alkohol angeboten wird, empfiehlt sich stets als Mixgetränk mit Cola… was nicht nur Raum zur Spekulation bzgl. Qualität gibt, sondern auch hoffen lässt, dass hier noch längst nicht das Ende der geschmacklichen Fahnenstange erreicht ist! 

 
Weinglas mit klarer Flüssigkeit, in der sich dunkle Farbschlieren verteilen (Foto: Jasper Oversteyns auf Unsplash) H2O-làlà? „Nur Wasser zu aromatisieren, reicht nicht, um von Genießern und Gastroprofis ernst genommen zu werden.“ (Bastian)

„Die Problematik für uns als Brennerei liegt nicht im Pricing oder der Beschaffung der Rohstoffe, sondern in der Stabilität und Haltbarkeit der Produkte sowie der Möglichkeit, keimfrei abzufüllen.“ (Bastian)

 

Alkohol ist ein hervorragender Aromenträger, denn er sorgt für Tiefe und Komplexität. Tauscht man ihn durch Wasser aus, kann dies schnell zur geschmacklichen Enttäuschung werden. Auch hier sind Handwerk und Erfahrung gefragt, denn Instantkomponenten oder künstliche Aromen können weder für den anspruchsvollen Hersteller noch Genießer eine akzeptable Lösung sein.

Deshalb wird auch an diversen Extraktionsarten und unterschiedlichen Trägerflüssigkeiten getüftelt. Die einen setzen auf Essenzen oder hocharomatische Botanical-Kombinationen, die anderen versuchen sich mit entalkoholisiertem Wein o.ä. als Basis. Allen gemeinsam wird der Erfolg sicher sein, wenn sie mit Leidenschaft auf Lebensmitteltransparenz und Genuss setzen.

 
Eine Frau läuft auf einer sonnenbeschienenen Landstraße (Foto: Emma Simpson auf Unsplash) „Alkoholfreie Alternativen wurden in den letzten Monaten stark im inhabergeführten LEH verkauft – insbesondere mit regionalen Produkten muss man in den örtlichen Handel.“ (Bastian)

Alles nur ein Hype?

 

Der Pro-Kopf-Konsum von alkoholhaltigen Getränken ist rückläufig, zeitlich-, örtlich- oder anlassgebundene Alkoholverbote nehmen zu, und auch das Bewusstsein der Verbraucher verändert sich.

Wer glaubt, alkoholfreie Produkte für Erwachsene wären nur eine Nische, der irrt gewaltig! Denn nicht nur die offensichtlichen Null-Prozent-Konsumenten wie Schwangere und Autofahrer oder Menschen, die aus gesundheitlichen, religiösen oder ethischen Gründen auf Alkohol verzichten, kommen für den Kauf in Frage, sondern auch die vielen Teilnehmer an Kongressen, künstlerischen Veranstaltungen und Geschäftsessen, Sportler und zu guter Letzt die steigende Zahl an Verbrauchern, die sich körperbewusst ernähren.

 

Mehr Umsatz mit weniger Alkohol: „Es wäre falsch, da nicht mitzumachen. Das Segment ist sehr spannend und birgt ein großes Potential. Das sollte man nicht ungenutzt lassen!“ (Tim)

 

Bisher gab es als Alternative im Restaurant und der Bar nur Wasser oder das „süße Kindersortiment“. Mit alkoholfreien Spirituosen-Alternativen schafft man für Erwachsene völlig neue Genussmöglichkeiten nach deren Geschmack! Differenzierung ist hier das große Stichwort.

 

„Mit hochwertigen, alkoholfreien Alternativen zu Trendspirituosen kann sich der Gastronom, Barkeeper wie auch der LEH vom Wettbewerb differenzieren.“ (Tim)

 

Es gibt eben nicht nur die Gruppe der Alkoholfrei-Trinker versus derer, die Alkohol trinken, sondern eine dritte und in Zukunft auch größte Gruppe derer, die ihren Konsum dadurch steigern, indem sie Alkohol und alkoholfrei miteinander abwechselnd kombinieren! Dies bietet Gastronomen und Barbesitzern völlig neue Umsatzchancen! 

 
Flasche der „alkoholfreien Gin-Alternative“ Hunboldt-Freigeist neben historischem Mikroskop und gefülltem Cocktail-Glas (Foto: Claudia Scheffler) „Der Trend wird auch viele schlecht gemachte Alternativen auf den Markt schwemmen – die Bars sehe ich hier nicht nur als Trendsetter, sondern vor allem auch als eine Art Türsteher gegen schlechte Produkte.“ (Tim)

Fazit: „Genuss ist gelebte Achtsamkeit“ (Annick Seiz)

 

Wer also nicht auf den Null-Promille-Zug aufsteigt, verpasst womöglich eine riesige Marktchance, da das Thema „alkoholfrei“ im Rahmen des allgemeinen Achtsamkeits-Trends eine überproportionale Aufmerksamkeit erfährt.

Die Menschen beschäftigen sich immer mehr mit gesunder Lebensweise, und viele haben insbesondere in den letzten Monaten in den eigenen vier Wänden eine Leidenschaft für gute Produkte entwickelt. Gerade jetzt, wo es wieder möglich ist, auszugehen oder Freunde nach Hause einzuladen, ist der perfekte Zeitpunkt für die Einführung neuer Produkte in den Genussmarkt. Diese dürfen weder Imitate aus dem Labor sein noch den einen Genuss durch einen anderen ersetzen, sondern es geht vielmehr darum, mit hochwertigen alkoholfreien Alternativen schöne Genussmomente und -erlebnisse zu schaffen.

Auch wenn sie nicht jeden Konsumenten erreichen werden und auch nicht konzeptionell in jede Bar passen, so bieten alkoholfreie Alternativen dennoch einer Vielzahl an Herstellern, dem Handel und der Gastronomie die Chance zur Sortimentserweiterung, Differenzierung und Zusatzverkäufen bei einer Klientel, die bereit ist, gutes Geld für gute Produkte und Genusserlebnisse auszugeben. Entscheidend für das langfristige Überleben auf dem Markt werden sein: Handwerk und Erfahrung, hochwertige Zutaten, spannende Aromatik und eine sinnlich-emotionale Vermarktung.

 
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