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Gerstenfeld und ein Mann, der Gerstenkörner in seiner Hand prüft Terroir ist Herkunft, die man schmecken kann – das gilt nicht nur für Wein, sondern auch für Gerste (Foto: Bruichladdich Distillery)
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Terroir – echte Philosophie oder billiger Marketingtrick?

Ob Mensch oder Pflanze, beide sind mit ihrer Herkunft tief verwurzelt und werden durch sie geprägt. Was „Heimat“ für den Menschen bedeutet, ist für die Pflanze das sogenannte „Terroir“. Gemeint ist damit u.a. die Kombination aus Bodenbeschaffenheit, geografischer Lage, Niederschlag, (Mikro-)Klima und dem Menschen, der die Pflanze kultiviert und weiterverarbeitet. Genussbotschafterin Annick Seiz zeigt mit Beispielen aus der Spirituosenbranche, dass das Konzept nicht nur für Wein funktioniert.

Weinberg Seinen Ursprung hat der Begriff Terroir in der französischen Weinkultur (Foto: Jaime Casap, Unsplash)

Terroir vom Wein zu Whiskey & Co.


Ursprung in der Weinkultur – vielseitig umsetzbar


Der Begriff „Terroir“ entstammt der französischen Weinkultur und ist meist mit dem Status einer geschützten Herkunft und entsprechenden Vorschriften verbunden. Vergleichbare Konzepte finden sich auch bei anderen regionalen Spezialitäten wie Käse oder Wurst. Eigentlich ließe sich das Thema auch auf Bier übertragen, aber die Recherche im Internet ergibt nur sehr rudimentäre Ansätze in den USA. Auch hierzulande wird die Philosophie der Herkunft aller Zutaten nur von Bio-Brauereien und von manchen Craft Bier-Manufakturen aufgegriffen.

 

Geschmacksvariation und Storytelling


Für die meisten scheint der Terroir-Weg entweder als zu abwegig („Ob Getreide oder Hopfen in heißem oder kühlem Klima angebaut wurde, schmeckt man nicht“), zu steinig („Ein Abweichen von der Norm bedeutet neue Auflagen“), zu riskant („Akzeptieren meine Kunden das neue Konzept/Produkt/die Preiserhöhung?“), zu langwierig („Wieso soll ICH den Markt über die nächsten Jahre revolutionieren, während meine Wettbewerber weiterhin ihr Geld mit alten Konzepten verdienen?“) oder schlichtweg zu teuer („Dann muss ich teurer einkaufen, brauche ein neues Lieferantennetzwerk, muss mehr in die Landwirtschaft und Nachhaltigkeit investieren, brauche geschulte und hochmotivierte Mitarbeiter und muss die Preise erhöhen“).

Bei den meisten Brauereien steht die Marke traditionell im Fokus der Kommunikation, manchmal auch die Region – aber was die Herkunft der einzelnen Rohstoffe sowie ihren Anbau und ihre Verarbeitung anbelangt, ist noch jede Menge Luft nach oben – für mehr Transparenz, geschmackliche Produktvariation sowie emotionales Storytelling!
Dasselbe gilt für die Spirituosenindustrie. Auch hier gibt es bisher nur wenige Hersteller und Marken, die bewusst den Terroir-Weg von A bis Z gehen.

 

Best Practice aus der Spirituosenbranche


Terroir-Skeptiker sind der Meinung, dass für Wein das Herkunftsprinzip sensorisch funktionieren mag, aber für Bier oder Spirituosen allein aufgrund der komplexen Verarbeitung und dem Einsatz von hohen Temperaturen nicht funktionieren kann. Da Terroir jedoch an der Wurzel der Pflanze beginnt und erst endet, sobald das Produkt in die Flasche abgefüllt ist, sollte man sich dieses Thema doch einmal genauer anschauen.


Küste der schottischen Insel Islay Das besondere Klima auf der schottischen Insel Islay prägt die Pflanzen, die dort wachsen (Foto: Bruichladdich Distillery)

Bruichladdich Distillery – Insel Islay, Schottland


Schottischer Malt Whisky entsteht aus gemälzter Gerste, die eingemaischt, fermentiert, destilliert, gereift und abgefüllt wird. Die Möglichkeit zur Differenzierung entsteht durch die Auswahl der Rohstoffe und Lieferanten sowie eine Anpassung einzelner Stellschrauben im Herstellungsprozess.

Im Jahr 2001 ermöglichte Marc Reynier, Weinhändler und Islay-Fan, die Wiedereröffnung der legendären Bruichladdich Distillery. Mit Unterstützung der schottischen Whisky-Legende Jim McEwan galt ab der ersten Sekunde: Ob Weinberg oder Gerstenfeld – das Zusammenspiel von Erde, Klima, Rohstoffen, Mensch und Erfahrung ist dasselbe. Ohne Kompromisse wird seitdem auf Terroir, Transparenz und Nachverfolgbarkeit gesetzt (Gerstensorte, Farm, Feld, Erntejahr etc.).

Was als romantische Wein-Spinnerei von der internationalen Whiskybranche belächelt wurde, ist mittlerweile nicht nur bei allen Herstellern und Endverbrauchern angekommen, sondern gilt heute als Vorbild und Benchmark für die gesamte Spirituosenindustrie.

Historische Maischanlage der Bruichladdich Distillery Die Bruichladdich Distillery arbeitet teilweise mit Anlagen aus der viktorianischen Zeit (Foto: Bruichladdich Distillery)

Im Spannungsfeld zwischen Ideologie, Authentizität und knallharter Wirtschaftlichkeit


Ganz im Sinne von Rückbesinnung statt Rückschritt produziert die Bruichladdich Brennerei in historischen Anlagen aus der viktorianischen Zeit (eine der aktiven Wash Stills stammt aus dem Jahr 1881) und forscht an Projekten zur Wiederbelebung alter Wikinger-Gerstensorten (z.B. Bere Barley). Zusätzlich wird in Forschung und Innovation investiert.

Nahezu alles, vom Anbau bis zur Abfüllung, findet auf der Insel statt, und nur in wenigen Ausnahmen wird die Gerste von ausgewählten Vertragsfarmen auf dem schottischen Festland zugekauft. Das nächste Ziel ist die eigene Mälzerei, um auch kleine Batches zu verarbeiten.

So konnte aus dem zweitkleinsten Whiskyproduzenten der Insel der größte Arbeitgeber werden. Auch die Inselfarmer profitieren von der Kooperation: Sie bauen ausgewählte Gerstensorten an, und im Gegenzug garantiert die Brennerei die Abnahme der gesamten Ernte. Dies ist nicht nur ein bedeutender Faktor für die regionale Wirtschaft, sondern eine echte Win-win-Situation.

Die Range an ungetorften, stark getorften bis hin zu den meist getorften Whiskys der Welt ist längst zur Kultmarke für Sammler und Genießer geworden, was den französischen Rémy Cointreau Konzern (Umsatz ca. 1,1 Mrd. Euro) im Jahr 2012 überzeugte, in die Bruichladdich Distillery zu investieren, ohne das Team auszutauschen oder Einfluss auf das Tagesgeschäft zu nehmen. „Für uns ist das kein esoterischer Marketingtrick, sondern pure Überzeugung“, betonen die Verantwortlichen von Bruichladdich.


Bergpanorama in Südtirol Schüttelbrot gehört zu Südtirol wie die Berge – warum nicht einen Schnaps daraus brennen? (Foto: Chavdar Lungov, Pexels)

Privatbrennerei Unterthurner – Südtirol, Italien


Die Familienbrennerei aus Marling bei Meran ist seit Generationen berühmt für ihren Waldler (Waldhimbeergeist). In einem Gebäude aus dem 13. Jahrhundert findet man auf kleinstem Raum moderne Brennanlagen. Und kommt man zur richtigen Zeit, dann wird man schon auf dem Parkplatz von einer wunderbar duftenden Himbeerwolke empfangen, die man noch Tage später in der Nase hat.

Möchte man noch mehr den puren Geschmack Südtirols im Glas erleben, so sollte man den weltweit einzigen Schüttelbrotbrand probieren. Ein Destillat, das aus einer zufälligen Laune von Stephan Unterthurner im Gespräch mit einem befreundeten Bäcker entstand (Wenn man Getreide brennen kann, dann müsste man doch auch zu Brot verarbeitetes Getreide brennen können …).

Für Fachleute spannend ist die Tatsache, dass die Maische aufgrund der Zutat (echtes Schüttelbrot, gemahlen) ohne die weitere Zugabe von Hefe fermentiert. Nach 15 Monaten Reife im Holzfass entsteht so ein auf 150 Flaschen pro Jahr limitiertes Unikat, das ohne viel Aufsehen ein echtes Terroir-Produkt darstellt.

Irische Küste Auf Irland herrschen besondere Anbaubedingungen für Getreide (Foto: Sarah Donisi, Unsplash)

Waterford Distillery – Irland


Die Idee für die Eröffnung einer Terroir-Brennerei auf der grünen Insel stammt ebenfalls von Marc Reynier (s.o.). Entsprechend verarbeitet auch die Waterford Distillery (im Gegensatz zu vielen anderen Irish Whisky Produzenten) seit ihrer Gründung im Jahr 2015 ausschließlich irisches Getreide und setzt auf eine nach Farmen streng getrennte Destillation und Abfüllung, um das Thema „Herkunft“ geschmacklich perfekt herauszuarbeiten. Die Gerste stammt von knapp 100 Partnerfarmen und wird nach Lieferanten getrennt gelagert, getrocknet, gemälzt und gebrannt.

Für die Braubranche dürfte insbesondere ein Berater im Team interessant sein: Dr. Dustin Herb, Spezialist für Pflanzenzucht an der Oregon State University, Teilhaber von Tatlock & Thomson (Analytik von Wein, Whisky, Bier) und vor allem bekannt für seine Erforschung des Einflusses genetisch unterschiedlicher Getreidesorten auf den Geschmack von Bier.

Die ersten Abfüllungen sind seit wenigen Wochen auf dem Markt, und schon erste Tastingnotes berichten von großen geschmacklichen Unterschieden zwischen „gleicher Gerstensorte, gleichem Verarbeitungs- und Reifeprozess und dem Anbau an unterschiedlichen Orten auf der Insel“. To be continued …

 

Was für Wein und Spirituosen funktioniert, lässt sich auch auf Bier übertragen


Der Terroir-Ansatz öffnet eine Fülle an Möglichkeiten, beispielsweise die Erstellung von Bodenkarten mit Aromenprofilen für einzelne Hopfen- und Getreidesorten in unterschiedlichen Anbauregionen. Auf diese Weise könnte eine Brauerei, je nach gewünschter Stilistik, ihre Lieferanten maßgeschneidert aussuchen und die Landwirte könnten ihre Anbauflächen nachfrageorientiert nutzen. Auch ist gar nicht so abwegig, darüber nachzudenken, die besten Anbaugebiete als „Große Lage“ zu klassifizieren und auch gute Erntejahre in einer Art Vintage-Empfehlungsliste auszuweisen.

Gerade für kleine oder junge Brauereien wird es im Konkurrenzkampf mit den Großen immer wichtiger, sich eine Nischenpositionierung zu suchen. Aber auch die großen Konzerne müssen sich im internationalen Kampf um Marktanteile behaupten und sollten sich in Zeiten von sinkendem Bierkonsum neue Konzepte suchen, die nachhaltig für Umsatz und Kundenbindung sorgen.

 

Herkunft, die man schmecken kann


Das Terroir-Konzept bietet großartige Chancen für eine Differenzierung vom Wettbewerb.

Wer mitmacht, trägt nicht nur zum Erhalt der Branche, seinem eigenen Unternehmenserfolg und zu mehr Genuss beim Endverbraucher bei, sondern ist Teil einer Community an Gleichgesinnten, die einiges bewegen können:

  • wirtschaftlich (Umsatz, Premiumpositionierung = i.d.R. Preissteigerung, Storytelling);
  • gesellschaftlich (Arbeitsplätze erhalten & schaffen);
  • ethisch (Nachhaltigkeit, Umwelt- & Tierschutz);
  • kulturell (Erhalt von Tradition & Handwerk, Kreation neuer Ansätze);
  • gesundheitlich (höhere Qualität = höherer Wert = höherer Preis = bewusster Einkauf = bewusster Genuss);
  • sensorisch (mehr Geschmack in 3D-Breite, Tiefe und Länge).

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