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Hefe unter dem Mikroskop Die Labor-Reinzucht von Hefe ist ein Fulltimejob … und auch bei sorgfältiger Arbeit bleibt immer ein mikrobiologisches Restrisiko
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Hefepropagation leicht gemacht

Nur bei mit vitaler Hefe angestelltem Bier ist eine einwandfreie und problemlose Gärung sichergestellt. Leichter gesagt als getan; in der Praxis kosten Hefemanagement und -propagation viel Zeit und Geld. Eine neue untergärige Hefe im gefrorenen Format des Hefezentrums am Forschungszentrum für Brau- und Lebensmittelqualität, TU München, Freising, sorgt für Arbeitserleichterung und garantierte mikrobiologische Sicherheit.

Brauhefe der Zukunft

 

Das Forschungszentrum für Brau- und Lebensmittelqualität (BLQ) der TU München bietet seit Dezember 2021 seinen weltbekannten untergärigen Hefestamm Saccharomyces pastorianus Frisinga – TUM 34/70 im neuartigen gefrorenen Format an. Dieses gefrorene Hefeprodukt hat die Bezeichnung SmartBevTM Lager TUM 34/70 und wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Chr. Hansen, Hørsholm, Dänemark, entwickelt und für den Einsatz in der Brauerei validiert.

Der Einsatz dieser Hefe ermöglicht es den Brauereien, die gesamte Hefe-Herführung im Labor einzusparen und mikrobiologisch rein im Propagator oder Gärtank direkt anzustellen.

Beutel mit der gefrorenen Hefe SmartBev Lager TUM 34/70 Packung mit 1 kg gefrorener Hefe, die bei – 60 °C gefroren wird, lagerfähig ist und eine Zelldichte von > 1 Milliarde Zellen pro ml aufweist

TUM 34/70 – ein Weltbürger

 

Über 90 Prozent der Weltbierproduktion sind untergäriges Bier, welches mit untergärigen Hefen der Art Saccharomyces pastorianus hergestellt wird. Die Kaltgäreigenschaften der untergärigen Hefe sorgen dafür, dass die Hefe bei einer Gärführung mit niedrigen Gärtemperaturen niedrige Konzentrationen an Gärungsnebenprodukten bildet und im Zusammenspiel mit einem hohen Vergärungsgrad somit neutrale Biere mit hoher Drinkability entstehen.

Der bekannteste und weltweit am meisten eingesetzte untergärige Hefestamm ist Saccharomyces pastorianus Frisinga – TUM 34/70. In seiner Dissertation 1956 charakterisierte Prof. Ludwig Narziß diese Hefe als Stamm mit hervorragenden Gärungseigenschaften und ausgewogenem Aromaprofil. Seitdem trat die Hefe TUM 34/70 ihren weltweiten Siegeszug an und ist in Brauereien fast in jedem Land der Erde im Einsatz.

 

Hefereinzucht im Labor: ein Fulltimejob

 

Die Reinzucht von Hefe im Labor hat das Ziel, Hefe in möglichst aktivem und mikrobiologisch reinem Zustand bis zum benötigten Anstellvolumen herzuführen. Diese Labor-Reinzucht benötigt verfahrensabhängig ca. 3 – 7 Tage und umfasst viele einzelne Arbeitsschritte. Eine der Herausforderungen liegt darin, die Laborreinzucht genau zum Beimpfungszeitpunkt mikrobiologisch rein und hochaktiv vorliegen zu haben. Dabei ist auch bei höchsten mikrobiologischen Arbeitsstandards immer ein Restrisiko einer Laborkontamination der Reinzuchthefe gegeben.

Hält das Brauereilabor selbst eine Hefedauerkultur als Schrägagar, so muss diese aus Würze mit ausreichender Nährstoffausstattung hergestellt sein und alle 4 – 6 Wochen überimpft und bei 2 – 4 °C gelagert werden.


Schematische Übersicht über die Verfahrensschritte bei der Propagation Anwendungsschritte (Entnahme, Auftauen, aseptischer Transfer, Propagation) bis zur Hefegabe zum Einleiten der Gärung (Gesamtdauer bis zum Anstellen 2 – 3 Tage, Vorbereitungszeit 1 h)

TUM 34/70 goes frozen

  Die einfachen Anwendungsschritte der gefrorenen untergärigen Hefe SmartBevTM Lager TUM 34/70 sind in nebenstehender Abbildung dargestellt. Die Hefe kann für bis zu 18 Monate (Mindesthaltbarkeitszeitraum) bei – 60 °C gelagert werden.

Für diese Art der Lagerung ist ein spezieller – 60 °C-Gefrierschrank nötig, den es in unterschiedlichen Volumenkapazitäten gibt. Kosten liegen für diese einmalige Investition zwischen ca. 1200 und 2000 EUR netto, je nach Stauraum (10 – 150 Packungen). Bevor die Hefe eingesetzt werden kann, muss sie für ca. eine Stunde in einem Gefäß mit Wasser (z. B. 30-Liter-Eimer) aufgetaut werden. Die gefrorene Hefe verflüssigt sich in diesem Zeitraum. Die flüssige Hefesuspension kann im Beutel aseptisch über ein Septum angestochen werden. Es gibt bereits zwei verschiedene aseptische Transfersysteme auf dem Markt. Nun kann die verflüssigte Hefe in die Leitung oder in ein Gefäß eingedrückt und die Propagation gestartet werden. Bei einer Dosage von 1 kg Hefe pro 10 hl Würze dauert die Propagation ca. 2 – 3 Tage, um eine Zelldichte von 80 – 100 Millionen Hefezellen pro ml im Propagator zu erreichen (je nach Temperatur, Belüftungsintervall und Umwälzung der Hefesuspension). Im Anschluss kann die Propagationshefe zum Anstellen der Gärung eingesetzt werden. Empfohlene Anstellzellzahlen für einen zügigen Gärbeginn liegen zwischen 10 und 20 Millionen Hefezellen pro ml.

 

 

Mikrobiologische Spezifikationen

 

Die Grundvoraussetzung für eine einwandfreie Propagation und Gärung ist eine mikrobiologisch reine Propagationshefe und somit einhergehend eine mikrobiologisch einwandfreie Reinzuchthefe.

Jede Charge der Propagationshefe wird auf mikrobiologische Kontamination wie Fremdhefen, wilde und übervergärende Hefen sowie Bakterien untersucht. Erst nachdem eine Charge SmartBevTM Lager TUM 34/70 alle diese Spezifikationen erfüllt, wird diese für den Einsatz freigeben. Zudem wird die Hefe auch auf relevante lebensmittelpathogene Keime untersucht, die Hefevitalität und -viabilität werden ebenfalls getestet.

Entwicklung von Hefezellkonzentration und toten Zellen bei der Propagation Entwicklung der Hefezellkonzentration pro ml (blaue Balken) und des Prozentanteils an toten Zellen der Hefepopulation (weiße Punkte) über den zeitlichen Verlauf von 2 Tagen nach Inokulation

Einsatz zur Propagation

 

Der Einsatz in der Propagation – hier im 30-hl-Maßstab – ist in nebenstehender Abbildung veranschaulicht. Die Grafik zeigt die schnelle Abnahme der prozentualen Fraktion an toten Zellen (weiße Punkte). Hierbei ist zu beachten, dass bei dieser Messung der interkalierende Farbstoff Propidiumiodid zur Färbung toter Zellen zum Einsatz kam, welcher im Vergleich zur Methylenblau-Methode höhere Totanteile detektiert. Das heißt, würde man die gleiche Messung mit Methylenblau durchführen, lägen die Messwerte noch niedriger. Die Totanteile lagen an Tag 1 und 2 der Propagation unter zwei Prozent.

Zudem zeigen die blauen Balken den zu erwartenden Anstieg der Hefe-Zellkonzentration, was in diesem Fall einer ca. 25-fachen Erhöhung der Hefepopulation innerhalb von 48 h entspricht.

Die Hefe kann nach 48 h zum Anstellen genutzt werden oder ggf. noch etwas länger propagiert werden, falls noch höhere Zelldichten zum Anstellen benötigt werden (je nach Würze-Anstellvolumen). Die Anwendung in der Propagation kann betriebsspezifisch angepasst werden, um die benötigte Hefezellkonzentration mit hoher Aktivität zum Anstellen zu verwenden.

 

Bierqualität bei Einsatz von Erntehefe

 

Neben dem Einsatz von Propagationshefe ist der Einsatz von Erntehefe ein wichtiger prozesstechnischer und wirtschaftlicher Faktor. Sensorische Tests nach dem DLG-Verkostungsschema von untergärigen Bieren, die mit der Propagationshefe des BLQ und der davon abstammenden Erntehefe der 1. Führung und der 3. Führung hergestellt wurden, ergaben eine hohe sensorische Akzeptanz, alle sensorischen Merkmale lagen nach dem DLG-Schema bei 4,3 oder darüber (mit 5 als Maximum).

Chemische Messungen der Gärungsnebenprodukte (Jungbukettstoffe und Bukettstoffe) liegen innerhalb eines geringen Schwankungsbereichs und spiegeln die grundsätzliche sensorische Vergleichbarkeit der Biere wider. Die Jungbukettstoffe (z. B. Diacetyl und Acetaldehyd) wurden durch die Hefen der unterschiedlichen Führungen soweit reduziert, dass sie keine negativen sensorischen Auswirkungen (Stichwort off-flavour) auf das Bier hatten. Zusammenfassend lassen sich durch die Nutzung der Propagationshefe und den darauf resultierenden Erntehefen Biere von sensorisch hoher Qualität reproduzierbar herstellen, wobei sich die Brauerei die komplette Laborreinzucht und die damit einhergehende Kontaminationsgefahr einspart.

 

Danksagung

 

Der Autor bedankt sich herzlich bei Nathalia Edwards und Karsten Laurents für die fruchtbare Kooperation mit der Firma Chr. Hansen, Dänemark, und den Braumeistern Bernhard Löw und Martin Poschner, beide Brauerei Wieninger, Teisendorf, für die langfristige Testung der Hefe und die praktische Umsetzung.

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