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Covid-19 hat die Digitalisierung der Gesellschaft beschleunigt
Künftig wird nicht mehr nur die Generation Z „hybride Welten“ aus Analog und Digital leben, sondern auch weite Teile der (älteren) Restbevölkerung. Für Getränkehersteller und insbesondere mittelständische Brauereien bedeutet das, dass trotz immenser Sehnsucht nach Biergärten und Biergeselligkeit die Verbraucher in Zukunft noch stärker digitale Formate für Information und Entertainment nutzen werden. Für Brauereien wird es weniger darum gehen, im Internet „auch irgendwie dabei zu sein“, sondern vielmehr darum, Verbraucher in ihrem Alltagsleben möglichst punktgenau und im Herzen abzuholen. Ein genauer Blick auf Alltagskontexte lohnt sich.
Kleines Einmaleins des Context Marketing
Reiz- und Informationsüberflutung, die zu permanenter Ablenkung führen, sind ein wesentlicher Grund für zunehmend opportunistisches Kaufverhalten der Verbraucher. Schrille Aufmerksamkeitsstärke fördert aber keine nachhaltige Markentreue. Ein Grund für den Relevanzverlust: Marken „markieren“ bei Konsumenten nicht ausreichend genug. Die Marke (mit ihrer vom Marketing gepushten Positionierung) signalisiert über Brand Assets zu wenig, hat sich mental zu wenig merk-würdig in Erinnerung und Routineverhalten im Alltag verankert und wirkt im Umfeld der anderen Anbieter zu beliebig und austauschbar.
Markensignale bei Konsumenten verankern
Mental stark verankerte Marken zeichnen sich dadurch aus, dass sie etwa vier bis fünf Brand Assets (Markensignale) aufweisen, die für die Verwender einer Kategorie (z.B. Bier) bekannt sind und gegenüber Wettbewerbern eindeutig zugeordnet werden können. Nur wenigen Marken gelingt es, ihre Brand Assets im rechten oberen Quadranten zu verankern. Insbesondere „kleinere“ Regionalmarken mit deutlich geringerer Bekanntheit sollten Unspezifitäten oder me-too-Umsetzungen vermeiden, da Menschen in der Regel Imitationen den Marktführern, Category Playern oder Meinungsbildnern (mit höherem Werbedruck) zuordnen.
Kontexte sind der Schlüssel für Marken
Die Beschäftigung mit Marken hängt heute stark von Situationen und Kontextbedingungen ab. Das betrifft sowohl die Entscheidungsfindung (u.a. direkt am POS oder online) als auch spätere Verwendungssituationen (z.B. Kaltgetränke und Knabbereien für einen gemeinsamen Netflix-Abend daheim). Kontexte sind heute viel stärker als in der Vergangenheit der Schlüssel zu Aufmerksamkeit und Handeln.
In Sekundenbruchteilen entscheidet unser Gehirn über die für uns situativ richtigen Optionen, die unter den vorherrschenden Bedingungen (Verfügbarkeit, Erfahrungen, Erwartungen usw.) in einer bestimmten oder für die Zukunft antizipierten Situation unsere Bedürfnisse erfüllen. Für Marken bedeutet das, dass sie in einem Kontext möglichst schnell und mit deutlichem Abstand vor Alternativen als bestmögliche Lösung einfallen müssen. Je stärker Verknüpfungen einer Marke mit Kontextschemata bestehen, desto größer ist die Relevanz einer Marke im Alltag.
Kontexte beeinflussen unser Unterbewusstsein
Kontexte sind Wahrnehmungsräume, in denen unterschiedliche Sachverhalte wirken und sich zu einem Gesamtbild fügen. Entsprechend dem Kontextprinzip der Philosophie erlangen Begriffe nur „im Zusammenhang mit etwas“ eine Bedeutung. Ein Sinn erschließt sich erst, wenn der Kontext bekannt ist und verstanden wurde (vgl. Ohnemus, Lebok, Klaus: Context Marketing, Springer Gabler, 2021). Die Erkenntnisse der Behavioral Economics halten uns immer wieder vor Augen: Symbole, Botschaften und Markensignale entfalten erst dann ihre Wirkkraft, wenn die vorherrschenden Kontextbedingungen die Sinne dafür schärfen. Wir Menschen suchen stets nach einer effizienten Lösung zur Bewältigung unserer Alltagsanforderungen unter vorliegenden Kontextbedingungen – im Idealfall mit Hilfe einer passenden Marke.
Kontexte beeinflussen unser Entscheidungsverhalten in der Regel auf unbewusster Ebene. Deshalb sollten „Context Thinker“ ihre Zielgruppen in Kontexten beobachten, analysieren und verstehen, um hieraus alternative Strategien für verändertes Entscheidungsverhalten zugunsten der Marke zu etablieren. Wir haben bei K&A BrandResearch mit der Anwendung psychodramatischer Techniken jahrzehntelange Erfahrungen darüber sammeln können, wie Alltagssituationen für Konsumenten analog wie digital nacherlebbar und somit für Marketers gestaltbar werden.
Kontexte beleben Bier
In der typischen Aufstehsituation frühmorgens – schlaftrunken ins Bad wankend, mit den Gedanken bei den anstehenden Aufgaben des Tages für uns oder unsere Kinder – wird Bier in den meisten Fällen eher nicht unsere situationsbedingten Bedürfnisse befriedigen. Kellogg’s, Nespresso, Brot, Butter, Zahnpasta, Gilette, Parfüm u.v.a. sind wahrscheinlich passendere Alltagsbegleiter.
Tatsächlich könnte auch Bier in Morgensituationen über Schemabruch als „Frühstücksbier“ für manche Personen und in kontextueller Nische eine relevante Option sein. Das Beispiel der scheinbaren Unmöglichkeit von „Bier am Morgen“ lenkt unseren Blick darauf, dass ein Konsum durchaus möglich sein kann, wenn die Voraussetzungen dafür geschaffen werden (über Signale, Botschaften etc.) und der Kontext für Verbraucher relevant (gemacht) wurde und sich dann intuitiv „Bier“ als Lösung erschließt.
Kontexte über Erlebnisse triggern
Bier in der Gastronomie oder auf Events ist vergleichsweise leicht nachvollziehbar. Ebenso die Vermarktung jahreszeitlicher Saisonalbiere wie z.B. Winterbock oder Maibock oder wie die von der „kleinen“ Mahrs-Bräu in Bamberg mutig vorgedachte Idee eines leichten Sommerbiers. Das Nachahmen von Ideen im regionalen Umfeld kann zwar funktionieren, raffinierter sind aber idealerweise aus dem Lebensalltag der Lokalbevölkerung entwickelte Anlass-Konzepte, die regionaltypische Kontexte großer Beliebtheit aufgreifen und als uniques Konzept der eigenen Marke instrumentalisieren.
Nur bedingt erfolgreich waren digitale Versuche, etwa Live Tastings als Alternative zum sozial-analogen Miteinander zu etablieren. Bislang spielen zwar Getränke im Onlinehandel in Deutschland noch eine vergleichsweise untergeordnete Rolle, die zarten Erfolge von flaschenpost.de lassen aber auch im „Kontext maximaler Bequemlichkeit“ künftige Entwicklungen erahnen.
Im Zusammenhang mit Home Delivery und Digital Marketing gewinnen auch Influencer zunehmend an Einfluss für Meinungsbildung. Influencer können dabei ganz normale Verbraucher sein, die intrinsisch motiviert herausragende Erlebnisse mit Getränke-Marken teilen, aber auch reichweitenstarke YouTuber. Wie für jeglichen Marketing-Mix gilt, dass Influencer zur eigenen Markenstrategie passen müssen.
Small Beer – Context Hero!
Hervorragende Beispiele
Ein hervorragendes Beispiel für die (bierige) Neubelebung traditioneller Allgäuer Biermomente liefert die „kleine“ Engelbräu aus Rettenberg: Mit „Viehscheidbier“, „Brotzeitbier“, „Feierobed“-Bier u.a. bespielt die Brauerei täglich wiederkehrende, zur Region passende Momente, auf die sich die Konsumenten anlassbezogen besonders freuen. Ähnliche Lokal-Culinaria bespielen „Hopfensau“ (Hirschbräu), „Hopfenplücker-Pils“ (Pyraser), „Hopfenzupfer“ (Meinel) oder die „Karpfen-Weiße“ (Löwenbräu Neuhaus) und der „Schäfleshimmel“ (Berg-Bräu).
Die Integration regionalspezifischer Bezeichnungen und gleichzeitig passender Kontextbezüge gelingt Störtebeker mit „Strandräuber“, „Bernsteinweizen“ oder „Mittsommer-Wit“. Auch die Kreativbrauerei Kehrwieder integriert produktseitig modern-zeitgemäßes Art-Design mit Küsten-Impressionen über Bezeichnungen wie „Elbe“ oder „Über Normal Null“, wird aber gleichfalls mit „Road Runner“ rockig-urbaner (wie die Stadt Hamburg). Überhaupt machen Personifizierungen Biere persönlicher, unterscheidbarer und für Bierliebhaber „distinktiver“. Exemplarische Beispiele sind: „Schlöbberla“ (Greifbräu), „Gustl“ (Bürgerbräu Reichenhall), „Smoky George“ (eines der „Kraftbiere“ der Brauerei Rittmayer), „Opa’s Liebling“ und „Mutti’s Sonnenschein“ (Hertl), „Schwarze Anna“ (Neder), „Schlappeseppel“ (als Phönix-Effekt für die Eder & Heyland’s Bräu) oder sogar „Erik The Red“ beim 0,5-l-Dosenspezialisten Faxe.
Selbst Zusätze/Adjektive/Nicknames machen ein Produkt mitunter „netter“ und stimulieren die kontextuelle Genussstimmung. Ein „Happy Pils“ (BRLO) macht einfach per se glücklicher, die Stimmung besonderer, als das Wegtrinken eines deutschen 08/15-Standard Pils zum Kistenpreis von 9–11 EUR. Und Wacken-Biere mit Bezeichnungen germanischer Gottheiten lassen in der bieraffinen Heavy Metal & Play-it-loud-Szene Wacken und Walhalla beim Trinken nochmals erleben.
Neue Zugänge zu Verbrauchern schaffen!
Die Getränkebranche muss also einfach nur neue Kontextbedingungen für sich entdecken oder projektiv aus dem Alltag der Verbraucher heraus entwickeln. Für kleinräumig distribuierte Marken ist der Weg über Social Media sicher auch eine weitere Möglichkeit, um in Zukunft schneller aufzufallen und Verbraucher kontextuell punktgenau abzuholen. Disruptive Beispiele dafür liefern während des erlebnisarmen Pandemie-Lockdowns die persönliche YouTube-Protestnote von Mike Schmitt von Nikl-Bräu aus der Fränkischen Schweiz oder die digitale Drive-in Brauereischau mitsamt Produktneueinführung von Hachenburger im Westerwald.
Ein rechtzeitiges Neu-Denken in Verbraucherkontexten hilft in jedem Fall. Und ebnet für regionale kleinere Anbieter neue Wege, größer zu werden bei ihren Verbrauchern, in deren Alltagsrelevanz und auch mit etwas mehr Staunen in der Ansprache.