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Der Inhaber der Octo Microbrewery Taras Lozhenko (li.) und seine Braumeisterin Tetiana Volynska (2. v. re.) mit dem Ehepaar Dr. Markus und Donka Fohr, Biersommelière der Lahnsteiner Brauerei Der Ukrainer Taras Lozhenko (li.) braut seit 2020 das erste deutsch-zypriotische Jahrgangs-Grape-Ale
  • Fachbeitrag
  • Unternehmertum
  • Vermarktung
  • Europa
  • Bier

Die ukrainische Brauwirtschaft im Kriegsmodus

Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine herrscht im Osten des Landes Krieg. Unter diesen extremen Umständen besitzt Bier sicherlich keine Priorität, vor allem nicht das relativ teure Craft Bier. Viele ukrainische Brauereien versuchen daher ihr Bier nach Europa und in den Rest der Welt zu exportieren und sich auf allen nur erdenklichen Wegen an die Situation anzupassen.

Die Craft Bier-Szene in der Ukraine

 

Seit dem Jahr 2013 pflegt der Inhaber der Lahnsteiner Brauerei Dr. Markus Fohr engen Kontakt zur Octo Microbrewery auf Zypern. Aus diesem Kontakt ging im Jahr 2020 mit dem Cyprus Grape Ale der erste deutsch-zypriotische Collaborationssud hervor, der sich seitdem zu einem Jahrgangsbier entwickelte.

Diese Zusammenarbeit stellt sich seit März 2022 als eine Besonderheit dar, die beide Brauereien in dieser Form nicht beabsichtigt hatten. Taras Lozhenko, der Inhaber der Octo Microbrewery, und seine Familie sind nämlich Ukrainer.

Zusammen mit Lana Svitankova, der in der Schweiz lebenden ersten ukrainischen Certified Cicerone und Biersommelière, berichtet Taras Lozhenko in vier kurzen Brauereiporträts über den schwierigen Stand der ukrainischen Brauwirtschaft.


Die Belegschaft der Underwood Brewery in Kiew Die Belegschaft der Underwood Brewery in Kiew

Underwood Brewery in Kiew

 

Paul Liniewicz, Chief Marketing Officer der Underwood Brewery in Kiew, schildert seine Erfahrungen zu Beginn der Invasion: „Von Anfang an geriet die Brauerei mitten hinein ins Chaos. Es wimmelte nur so von Truppen und Kampfflugzeugen. Am 24. Februar 2022 musste die Belegschaft die Brauerei verlassen. Es war ein trauriger Abschied, denn niemand wusste, ob sie ihre Brauerei jemals wiedersehen würden.“

Glücklicherweise wurden die Invasoren bald aus der Region Kiew vertrieben. Paul Liniewicz und seine Kollegen konnten zurückzukehren. Aber die Rückkehr gestaltete sich hart. Tür und Tor waren zertrümmert. Überall lagen zertretene Dosen herum. Glücklicherweise waren Braugefäße und Gärtanks unversehrt. Zwei Drittel des Bieres in den Tanks verdarb wegen des Mangels an Elektrizität bzw. Kühlung. So waren alle Beteiligten die ersten zwei Wochen damit beschäftigt, aufzuräumen, zu reinigen, zu reparieren und das restliche Bier zu verkaufen, bevor sie wieder zu brauen begannen.

Ein wirklich wichtiger Punkt bestand darin, das gesamte Team beisammen zu halten. Jeder überstand diese Phase lebendig und unversehrt, und jetzt können sie alle immer noch die Arbeit ausführen, die sie lieben.

Aber der Einfluss des Krieges war an dieser Stelle nicht zu Ende. Zum Jahresende 2022 wandten sich die russischen Invasoren mehr und mehr der Infrastruktur zu und verursachten Stromausfälle überall in der Ukraine. Ein Dieselgenerator musste die Stromversorgung der Brauerei übernehmen. Die Rohstoffpreise erreichten ungeahnte Höhen. Es war ein echter Kampf, die Dinge angesichts der zahlreichen zusätzlichen Ausgaben am Laufen zu halten.

Doch trotz all dieser Erschwernisse leistet die Underwood Brewery nach wie vor ihren Beitrag, um die ukrainische Armee zu unterstützen. Sie braut spezielle Biere, um Geld zu sammeln und es sowohl an humanitäre Organisationen als auch ans Militär zu spenden.

Um den Verkauf zu steigern, begann die Brauerei zu exportieren. Heute findet man ihre Biere überall in der EU. Sie schafften sogar den langen Weg bis nach Korea – ein Zeugnis von Qualitätsbewusstsein und Handwerkskunst. In diesen unsicheren Zeiten ist es eine echte Herausforderung zu planen. Natürlich benötigt ein Unternehmen Ziele und langfristige Pläne, aber es war nötig, zu lernen sich anzupassen und die Dinge von Tag zu Tag zu nehmen. So versucht die Underwood Brewery ihr Bestes, um durch diese Untiefen zu navigieren. Das stellt sich nicht immer als einfach heraus, aber die Brauerei ist entschlossen, weiter hervorragende Biere zu brauen, egal was die Zukunft bereithalten mag.

Zwei Brauer von Mova mit Biergläsern im Lagerkeller Die Brauer von Mova haben gelernt, unter täglich wechselnden Voraussetzungen zu arbeiten

Brauerei Mova in Dnipro

 

Das zweite Porträt stellt die Situation der Brauerei Mova in Dnipro in der östlichen Ukraine dar. Sie startete 2017 mit im Lohnbrau hergestelltem Bier und eröffnete 2021 eine eigene Produktionsstätte.

Nach der Pandemie war die russische Invasion bereits die zweite schwierige Phase in Movas junger Geschäftstätigkeit. Aber trotz alldem – oder gerade deswegen – rückte das Team noch enger zusammen und entfaltete auch soziale Aktivitäten. Die neue Zeit gibt den Takt vor. Die Umstände der Existenz verändern sich nicht nur jede Woche, sondern jeden Tag. Die Brauer von Mova haben gelernt, unter den Bedingungen konstanter Veränderung zu arbeiten und sich auch verantwortungsvoller untereinander und den Menschen in ihrer Umgebung gegenüber zu verhalten.

Mova ist eine kleine regionale Brauerei, aber eine sehr ambitionierte. Sie planen nach wie vor zu wachsen und neue Projekte anzugehen. Das Unternehmen brachte bereits eine neue Linie von alkoholfreien Getränken, z.B. Limonaden, auf den Markt. Weitere neue Produkte und internationale Kooperationen sollen folgen.

Die Belegschaft von Pravda Die Brauer von Pravda öffneten ihre Rezepte der Öffentlichkeit und erhielten dafür überwältigende Unterstützung

Pravda Craft Brewery in Lviv

 

Yuri Zastavny von der Pravda Craft Brewery in Lviv erlebte in den ersten Wochen nach der Invasion einen erheblichen Geschäftseinbruch, da die Logistik vollständig unterbrochen war. Nach Mai 2022 begannen sich Produktion und Verkauf wieder zu erholen. Im Westen des Landes fehlen den Hotels, Gaststätten und Caterern nach wie vor 30 bis 50 Prozent ihres Verkaufsvolumens. Luftschutzalarme bedingen Schließungen, die Menschen halten sich im Keller auf. Die Öffnungszeiten stehen unter dem Einfluss der Ausgangssperre. Geld ist knapp bei den Menschen, der Tourismus sehr eingeschränkt.

Um etwas Aktivität zu entwickeln, öffneten die Brauer von Pravda ihre Rezepte für die Öffentlichkeit und erhielten eine überwältigende Unterstützung. Etwa 800 Brauer weltweit brauten die Biere nach, was in einem Sturm von Spenden resultierte. Das Unternehmen legte eine Serie von „Punisher Beer Weekends“ – zu Deutsch „Bestrafungs-Bierwochenenden“ – auf und sammelte Kapital für regional hergestellte „Bestrafungsdrohnen“.

Yuri Zastavny sagt: „Das Leben geht weiter und der Sieg ist ein gemeinsames Ziel. Ob man ein Rechtsanwalt, ein IT-Experte oder ein Brauer ist, man tut was man kann, um zu spenden, die Armee zu unterstützen, Ideen zu generieren. Dein Land zurückzubekommen ist etwas, das man hier und jetzt klären muss. Niemand kann das für uns erledigen.“

Produktfoto einer Bierdose von Ten Men Brewery in Charkiv Die Ten Men Brewery in Charkiv wurde bereits am ersten Kriegstag besetzt, auf einer Brauanlage in der Westukraine bringt sie seitdem monatlich neue Kreationen auf den Markt

Ten Men Brewery in Charkiv

 

Das letzte Porträt stellt die Situation der Ten Men Brewery in Charkiv dar. Auch für Ten Men änderte der Krieg alles, genau wie für die Kollegen.

Früher befand sich die Produktion in der kleinen Stadt Vochansk bei Charkiv, ganz in der Nähe der Grenze zu Russland. Die Stadt wurde gleich am ersten Tag der Invasion besetzt. Um weiter produzieren zu können, pachtete die Ten Men Brewery ein Grundstück sowie Brauanlagen in der Westukraine.

Dieser Standortwechsel war mit erheblichen Herausforderungen für das Unternehmen verbunden. Trotzdem bringen die Brauer von Ten Men nach wie vor jeden Monat Biere mit neuen Geschmacksrichtungen auf den Markt. Seit Februar 2022 waren dies allein 40 neue Biersorten und besondere Aktionen wie Bierboxen und Treue-Programme für Stammkunden.

Ten Men beabsichtigt, die ukrainische Kultur durch die Produktion von Bier zu exportieren. Es ist natürlich sehr hart, in einem sich schnell verändernden Umfeld zu planen, aber die Brauerei versucht agil zu bleiben und für diese Herausforderung gewappnet zu sein.

Eine ukrainische Braumeisterin für Zypern

 

Taras Lozhenko benötigte für seine Produktionsstätte im Jahr 2023 selbst einen Braumeister, und so sendete er eine Botschaft in die ukrainische Brauszene. Im Mai desselben Jahres kam Tetiana Volynska als offizieller Flüchtling aus Charkiv nach Zypern. Zu Beginn des Krieges besetzte die ukrainische Armee die Brauerei, wo sie früher tätig war, und nutzte sie als Lager. Die Brauerei konnte nur noch ihren Bestand verkaufen und musste dann schließen.

Taras Lozhenko bringt im vollständigen Interview, das in BRAUWELT Nr. 1, 2024 erschien, ein abschließendes Wort zum Ausdruck: „Früher war die ukrainische Bierszene eine relativ geschlossene Gesellschaft. Jetzt zerstreuen sich die ukrainischen Brauer über ganz Europa und den Rest der Welt. Weil unsere Identität und unsere Traditionen in Gefahr sind, versuchen wir überall, wohin wir gehen, solche lokalen Identitäten und Traditionen zu finden und zu erhalten oder zu neuem Leben zu erwecken. In Zypern etwa haben wir das Bronze Age Beer nach dem Vorbild archäologischer Ausgrabungen von vor 3800 Jahren gebraut. Es handelt sich um ein Bier mit Feigen und Gewürzen. So entsteht schließlich selbst aus dieser fürchterlichen Situation des Krieges am Ende doch noch etwas Positives.“

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