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Wertschöpfungskette der Braugerste optimal gestalten
Der Eiweißgehalt von Braugerste für die optimale Verarbeitung in der Brauerei liegt im schmalen Bereich zwischen 9,5 und 11,5 Prozent. Hohe Erträge der neuen Braugerstensorten sind allerdings häufig mit einer Reduzierung des Eiweißgehaltes auf unter 9,5 Prozent verbunden. Manche Partien konnten in den vergangenen Jahren deswegen nicht zum Braugerstenpreis verkauft werden.
In einem vierjährigen, von der Wissenschaftsförderung der Deutschen Brauwirtschaft finanzierten Projekt haben sich Einrichtungen aus Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Thüringen zusammengetan, um in insgesamt 32 Versuchen Einsicht in das Verhalten von Braugerste unter verschiedenen Düngevariationen zu erhalten.Braugerstensorten
Es wurden sowohl ein Sortiment jeweils regional bedeutender Sorten geprüft, standortübergreifend kamen dazu die vier Sorten Quench, Marthe, RGT Planet und Avalon in die Versuche und konnten so in die gemeinsame Verrechnung einfließen. Marthe repräsentiert einen etwas älteren Sortentypus mit guter Qualität, inzwischen vergleichsweise niedrigem Ertragsniveau und genetisch bedingtem höherem Eiweißgehalt. Die nur ein Jahr jüngere Quench ist nach wie vor in Deutschland im Anbau und zeigt bei guter Malzqualität einen niedrigen Eiweißgehalt. RGT Planet war zu Projektbeginn die Sorte mit dem höchsten Ertrag in Deutschland, und Avalon verkörpert den Charakter der modernen Sorten mit gutem Ertrag und ausgezeichneter Malzqualität.
Düngevarianten
Als Stickstoff-Düngevariante Stufe eins wurde die nach der offiziellen Düngeempfehlung DSN (Dünge-System-Stickstoff) ermittelte N-Menge gewählt. Die zu düngende N-Menge pro Hektar wird dafür aus unterschiedlichen Parametern wie dem N-Bedarf der Gerste, dem im Boden verfügbaren Stickstoff (Nmin-Gehalt) und Bodenart berechnet. Im Durchschnitt lag die gedüngte N-Menge in Stufe eins in den Versuchen im Bereich zwischen 90 und 120 kg/ha.
In Stufe zwei wurde die empfohlene N-Menge um 30 kg N/ha erhöht (DSN + 30), der Zeitpunkt der Düngergabe blieb derselbe, zur Saat der Sommergerste.
Für die Stufe drei wurde die Düngergabe in zwei Gaben aufgeteilt (DSN + 30/2), wobei die empfohlene N-Menge wieder zur Saat und 30 kg N/ha zum Zeitpunkt des Schossens der Gerste ausgebracht wurde.
Auch die erhöhten N-Mengen liegen noch im Bereich der von der Düngeverordnung vorgegebenen Höchstmenge und bilden die in der Praxis verwendete Spannbreite ab.
Stickstoffdynamik in der Pflanze
Untersuchungen zum Stickstoffgehalt im Stroh der Pflanzen zeigen sehr deutlich, dass ab dem Zeitpunkt der Blüte nur noch sehr wenig Stickstoff aus dem Boden aufgenommen wurde. Stattdessen wurde der Stickstoff aus dem Stängel und den Blättern in die Ähren verlagert. Daraus folgt, dass im Versuch eine späte N-Düngung so gut wie keinen Effekt auf den Ertrag oder den Eiweißgehalt im Korn hatte.
Welche Effekte hat eine erhöhte N-Düngung?
Die zusätzliche Stickstoffgabe erhöhte die Bestandesdichte und Pflanzenlänge der Sommergerste, hatte aber auch großen Einfluss auf die Standfestigkeit der Sorten und führte bei allen hier geprüften Sorten zu erhöhtem Lager vor der Ernte sowie erhöhtem Krankheitsdruck. Mit mehr Stickstoff intensiver geführte Braugerste, ist also wohl auch in Bezug auf den Einsatz von Wachstumsreglern intensiver zu behandeln. Auch der Vollgerstenanteil der Sorten nimmt als Folge der höheren Bestandesdichte bei erhöhter N-Düngung etwas ab.
Ergebnisse der überregionalen Auswertung
Bei der Auswertung über alle 32 Umwelten (Standort x Jahr) hinweg ließ sich eine Zunahme von Ertrag und Eiweißgehalt durch die Erhöhung der Düngung feststellen. Die Aufteilung der N-Gabe hatte in den Versuchen keinen weiteren Einfluss. Aus den Ergebnissen zu Ertrag und Rohproteingehalt lässt sich ableiten, dass die erhöhte N-Gabe nicht vollständig von den Pflanzen aufgenommen wurde, demnach sank die N-Aufnahmeeffizienz mit zunehmender N-Düngung. Wichtiger als diese erwartungsgemäßen Tendenzen sind aber die Auswirkungen des variierenden N-Managements an den einzelnen Standorten, wie das Beispiel der modernen Sorte Avalon zeigt. Es wird ersichtlich, dass die Schwankungen im Ertrag und den Rohproteingehalten zwischen den Umwelten deutlich größer waren als zwischen den N-Düngungsvarianten. Ein ähnliches Bild ergab sich für alle untersuchten Sorten.
Risiko der Überschreitung der Akzeptanzschwelle
Um deutlich zu machen, wie groß die Gefahr ist, durch höhere N-Düngung einen zu hohen Eiweißgehalt zu erzielen, wurde für jede Düngestufe der Anteil an Umwelten ausgezählt, der die für die Verarbeitung in der Brauerei erwünschte Grenze von 11,5 Prozent Rohprotein noch unterschritt.
Diese Art der Auswertung macht sehr deutlich, dass das Risiko für die Überschreitung der 11,5-Prozent-Grenze bei erhöhter N-Gabe wächst. Immerhin lässt sich eine Reduzierung dieses Risikos durch den Zuchtfortschritt der letzten Jahre ablesen. Bei der Sorte Marthe erhöht sich die Häufigkeit der Überschreitung im Vergleich zu Quench, Avalon und RGT Planet deutlich, jedoch war der Trend für alle Sorten nicht zu übersehen.
Konsequenzen für Landwirte und Verarbeiter?
Die Versuche haben deutlich gemacht, dass der Einfluss der Umwelt auf die Ertragsleistung und insbesondere den Eiweißgehalt größer ist als der Einfluss von Sorte oder N-Düngung. Sommergerste ist eine der Fruchtarten, bei der sich Umwelteinflüsse am schwersten durch pflanzenbauliche und technische Maßnahmen ausgleichen lassen. Dies macht es extrem schwierig, das schmale Fenster für den von der Brauwirtschaft erwünschten Bereich zwischen 9,5 Prozent und 11,5 Prozent zu treffen.
Eine generelle Empfehlung zur Erhöhung der N-Düngung bzw. einer Teilung ist aus den umfangreichen Versuchen keinesfalls abzuleiten. Wenn die offiziellen Richtlinien zur Ermittlung des N-Düngebedarfs eingehalten werden, liegen die Chancen, die optimale Qualität zu erzielen am besten. Dennoch kann es in Abhängigkeit von Standort- oder Witterungsbedingungen zu schlechteren Qualitäten kommen.
Für die Verarbeiter in der Wertschöpfungskette bedeutet dies, dass je nach Jahr und Standort mit Schwankungen in der Qualität auch beim Anbau von modernen Sorten zu rechnen ist. Über eine größere Anbauregion hinweg ist in der Regel allerdings die Qualität im Durchschnitt akzeptabel.
Die Braugerstenerzeuger können gegen diese umweltbedingten Einflüsse wenig ausrichten, tragen aber durch die bisherigen Regelungen für Preisabschläge das Risiko ganz alleine.
Es wäre daher wünschenswert, wenn das Risiko zwischen Landwirten und Verarbeitern geteilt werden könnte. Dies würde die Attraktivität für den Anbau von Braugerste in Deutschland wieder erhöhen und damit die Verfügbarkeit von einheimischem Rohstoff für die Bierherstellung verbessern.
Autorenteam
Dr. Markus Herz, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising; Thomas Würfel, Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Karlsruhe; Hubert Heß, Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum, Jena; Dr. Martin Kücke, Dr. Burkhard Stever-Schoo, Julius Kühn-Institut, Braunschweig.
Danksagung
Die Autoren danken Frau Ulrike Nickl, Frau Lucia Huber, Herrn Thomas Eckl (LfL) Herrn Heinrich Maubach (Syngenta Seeds), Herrn Carsten Rieckmann (LWK Niedersachsen) und Herrn Hans-Jürgen Seele (Braugerstenverein Niedersachsen) für ihre hilfreiche Unterstützung.