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Kultur- und Fremdhefen
Wir wollen unseren Blick auf die Hefe und andere in Bier relevante Mikroorganismen mit einem Fokus auf die Qualitätssicherung beginnen.
Denn auch wenn man sich mit dem Thema niemals beschäftigen möchte, lassen sich Kontaminationen mit wilden Hefen in der betrieblichen Praxis leider nicht immer vermeiden. Wichtig im Fall von mikrobiologischen Auffälligkeiten ist eine erste Klassifizierung der beteiligten Fremd- und Schadorganismen. Als kurzes technologisch-taxonomisches Nachschlagewerk kann der Artikel „Schadhefen, wilde Hefen, Fremdhefen“ dienen.
Schadorganismen haben es schwer, im Bier zu überleben. Dennoch gibt es einige Bierverderber, die trotz Alkohol, niedrigem pH-Wert und CO2 im Bier gedeihen. Geht es tatsächlich einmal darum, eine Kontamination zu beseitigen, müssen geeignete Gegenmaßnahmen getroffen werden. Und das genauso schnell wie sachkundig. Einen Überblick über die verbreitetsten Bierverderber, gängige Nachweismethoden und konkrete Handlungsempfehlungen, finden diejenigen, bei denen dringender Handlungsbedarf besteht, im Beitrag „Was tun bei mikrobiologischen Problemen?“
Übervergärend
Bis zur Jahrtausendwende hat man in Deutschland kaum einmal von Problemen mit Saccharomyces diastaticus gehört. Für manche Bierstile kommt S. diastaticus zwar als Kulturhefe zum Einsatz (vor allem bei belgischen Bieren), als übervergärender Bierschädling kann „Diastaticus“ aber auch üble Folgen mit sich bringen, bis hin zur Bombage von Flaschen. Der Nachweis ist aufwendig, denn man kann zwar endvergorenes Bier mit Diastaticus beimpfen, bei Gasentwicklung liegt der Fall dann klar. Aber dazu benötigt das Labor zunächst eine Reinkultur. Und die ist nicht einfach zu isolieren, denn optisch lassen sich Diastaticus-Hefen nicht von „normaler“ Bierhefe unterscheiden. Allein molekularbiologische Tests geben gegenwärtig analytische Sicherheit, ob eine Kontamination mit S. diastaticus vorliegt (bzw. die entsprechenden Gene im Testsubstrat).
Milchsäurebakterien
Nicht nur bei S. diastaticus, auch bei Milchsäurebakterien scheiden sich die Geister. In Bierstilen wie Berliner Weiße oder spontanvergorenen Sauerbieren gehören sie für manche Brauer zu den „Nützlingen“. Aber in den meisten Bierstilen sind Milchsäurebakterien als Bierverderber dann doch unerwünscht. Welche Milchsäurebakterien treten als Bierverderber auf? Wie konnte sich diese Bakteriengruppe an die eigentlich widrigen Bedingungen im Bier adaptieren? Antworten gibt der Artikel „Milchsäurebakterien in Brauereien – Freund und Feind“.
Apropos Milchsäurebakterien: Im Zuge der Craft Bier-Welle haben auch Sauerbiere bei manchem Bierfreund wieder Anklang gefunden. So vielfältig wie die Mikroorganismen, die Sauerbieren ihr charakteristisches Aroma verleihen, so mannigfaltig die Verfahren, mit denen Sauerbiere hergestellt werden. Sei es mit einer modernen Kesselsäuerung oder einer traditionellen gemischten Gärung mit jahrelangen Reifungszeiten. Informieren Sie sich über die Renaissance der Sauerbiere.
Neue und alte (Kultur-)Hefen
Spannender für einen Braumeister, als sich um die Beseitigung von Kontaminationen zu kümmern, ist die Entwicklung neuer Rezepte. Da kann man der Kreativität freien Lauf lassen. Und vielleicht war die Rezeptentwicklung noch niemals so spannend wie heute. Es besteht nicht nur die Herausforderung, sein Stammsortiment durch Umstellung auf klimaresistente Hopfen- und Malzsorten zukunftsfest zu machen. Nein, hier gibt es noch so viel Neues, so viele weitere Stämme zu entdecken. Das Spektrum der potentiellen Möglichkeiten ist kaum abzuschätzen. Und am Ende ist es natürlich immer spannend, wenn die Suche nach Hefeschätzen mit einem Volltreffer belohnt wird.
Manchmal bringt auch das Kramen in seit längerer Zeit vernachlässigten Lagerräumen und Kühlschränken Überraschendes ans Tageslicht. So geschehen z.B. an der TU München. Eine vergessene Box mit gefriergetrockneten, nummerierten Hefeproben konnte mit einer historischen Labor-Dokumentation in Einklang gebracht werden: Der verloren geglaubte Hefestamm TUM 35 war wiederentdeckt. Die Reaktivierung gelang, und der nun im Forschungszentrum Weihenstephan unter dem Markennamen „Franconia TUM 35“ hinterlegte Hefestamm überzeugte in Gärversuchen mit seinen hervorragenden sensorischen Eigenschaften.
Werden die Brauereien künftig nicht nur die verwendeten Hopfen- und Malzsorten auf dem Etikett deklarieren, sondern zusätzlich die beteiligten Mikroorganismen? Damit Sie sich schonmal an die Namen gewöhnen: Saccharomycodes ludwigii, Cyberlindnera misumaiensis, Cyberlindnera saturnus sowie Kluyveromyces marxianus heißen ein paar der neuesten vielversprechenden „Hefestars“.
Interdisziplinäre Vergärung
Nicht nur in alten Kellern und auf alten Bäumen tummeln sich attraktive Mikroorganismen. Manches Mal reicht auch der Blick über den Tellerrand zu den Kollegen aus der Önologie: Metschnikowia pulcherrima wird in der Weinherstellung verwendet. Gärversuche deuten darauf hin, dass die gärschwache Hefe das Aromaprofil von Bier verbessern kann, entweder als Reinkultur oder in Mischkultur mit S. cerevisiae.
Hefemanagement
Die Hefe will gut behandelt werden, da ist kein Unterschied zu „normalen“ Mitarbeitern festzustellen. Viele Probleme im und nach dem Kaltbereich einer Brauerei lassen sich abstellen, wenn man sich an den Grundsätzen eines modernen Hefemanagements orientiert.
Denn eine sauber geführte Hefe gärt problemlos an und gewährleistet z.B. durch einen schnellen pH-Sturz die mikrobiologische Sicherheit der Würze und des fertigen Biers. Doch was tun, wenn es einmal notwendig wird, den Brauereibetrieb für einige Zeit einzustellen, wie es während Corona in manchen Betrieben nötig war? Die richtige Vorbehandlung, angepasste Lagerbedingungen und eine gute Reaktivierungstechnik stellen einen reibungslosen Anfahrtvorgang in der Brauerei, auch nach längerem, monatelangem Stillstand sicher.
Traditionelle Bottichgärung in modernem Gewand
Ein echter „Gamechanger“, wie man sagt, war für Brauereien die (in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts) flächendeckende Einführung des zylindrokonischen Gär- und Lagertanks. Mit geschlossener Produktführung konnten die Brauer höhere mikrobiologische Sicherheit gewährleisten. Mit den hohen schlanken Tanks war außerdem eine effiziente und sicher reproduzierbare Gärführung möglich. Seit einigen Jahren besinnen sich Brauereien und Anlagenbauer aber wieder auf ein traditionelles Anlagendesign, das bis dahin eher nischenmäßig vor allem bei obergärigen Weißbier-Brauereien sein Dasein fristete: die offene Bottichgärung. Nicht nur nachweislich verbesserte technologische Eigenschaften lassen sich mit diesem Verfahren erzielen, die Brauerei kann sich damit auch werbewirksam als traditionsbewusst aufstellen. Und der Brauer rückt durch die offene Gärung wieder ein Stück näher an sein Produkt heran. Welche Chancen bietet die traditionelle Bottichgärung modernen Brauereien?
Was bringt die Zukunft?
Was bringt die Zukunft dem Gärungsgewerbe? Werden sich neue Methoden und ganz neue Verfahren durchsetzen, wie z.B. eine kontinuierliche Gärung mit Crossflow-Filtration ? Werden Brauereien Teil einer neuen Form der Lebensmittelerzeugung, bei der in Bioreaktoren natürliche Grundstoffe „kultiviert“ werden? Auf jeden Fall sind die Möglichkeiten kaum abzusehen. Fermentationstechnologen, und das sind Brauer ja nun einmal, werden sich jedenfalls weiterhin kreativ austoben können, und das auf einer größeren Spielwiese als jemals zuvor.