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Anne-Françoise Pypaert Anne-Françoise Pypaert, Braumeisterin von Orval
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women4beverages: Anne-Françoise Pypaert, Braumeisterin von Orval

Seit über drei Jahrzehnten arbeitet Anne-Françoise Pypaert als Braumeisterin für Orval. Die legendäre Trappistenbrauerei ist ihre berufliche Heimat. Mit viel Fingerspitzengefühl und Fachkenntnis modernisiert sie die Produktion der traditionsreichen belgischen Brauerei.

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Die große Meisterin von Orval


Hier geht’s zum Videointerview:

Sylvia Kopp im Gespräch mit Anne-Françoise Pypaert

„Orval bedeutet mir alles“, sagt Anne-Françoise Pypaert, „meine Karriere, mein Leben, die Chance, als Frau in der männlich dominierten Braubranche zu arbeiten, was damals noch als unmöglich erschien.“ Die 55-Jährige arbeitet seit 31 Jahren in der Brasserie d’Orval. Sie war damals die erste Frau in der von Mönchen geführten belgischen Trappisten Brauerei – und eine von wenigen, die überhaupt den Brauerberuf ergriffen. Mit ihr begann zugleich eine neue Ära in der Klosterbrauerei – geprägt von zahlreichen Neuerungen: „Ich habe das Glück gehabt, dass ich viele Projekte begleiten und umsetzen durfte“, erzählt die Brau-Ingenieurin. Seit 2013 ist sie die Chefin der Produktion. Sie folgte auf den von der internationalen Craft-Bierszene hochverehrten Braumeister Jean-Marie Rock. Vor allem ihm verdankt sie ihre Anstellung, weil er sich damals als generell offen und bereit erklärte, mit Frauen zusammenzuarbeiten. „Das war für damalige Zeiten ungewöhnlich“, sagt Pypaert. Jean-Marie Rock wurde ihr Mentor.



Ihr erstes Orval: Vor Ort verkostet

Dabei kannte sie Orval nicht mal, als sie sich nach Abschluss ihres bio-chemischen Ingenieur-Studiums mit Schwerpunkt Mälzerei und Brauerei bewarb. „Ich hab mich einfach überall beworben“, sagt Pypaert. Damals war Orval noch nicht so populär. Erst mit der Craft-Bier-Bewegung avancierte das Bier zu einer gefeierten Ikone der Bierwelt. Das Besondere: Seit seiner Einführung im Jahr 1931 ist es von zwei besonderen brautechnischen Merkmalen geprägt: die Kalthopfung und die Flaschengärung mit Brettanomyces Hefe (Brett). Der „Gout d’Orval“ – im Belgischen schon sprichwörtlich – steht für florale und kräuterige Aromen aus der Kalthopfung im jungen Bier und leder- und tabakartige sowie an Steinfrucht erinnernde Noten aus der Brett-Gärung, die sich langsam in der Flasche bilden und erst sechs Monate nach Abfüllung so richtig zum Ausdruck kommen, während die Intensität der Kalthopfungsaromen allmählich nachlässt. Tatsächlich verkostete Pypaert ihr erstes Orval nach dem Vorstellungsgespräch vor Ort. „Es schmeckte ungewöhnlich. Die prägnante Bitterkeit und das intensive Dry-Hopping-Aroma waren damals noch nicht so verbreitet wie heute“, sagt sie. Als Studentin hatte sie vor allem Pils oder die süß-sauren Fruchtbiere der belgischen Großbrauereien getrunken.

Eine neue Aufgabe: Käseherstellung

In den 21 Jahren, in denen sie mit Jean-Marie Rock braute, arbeitete sie in der Qualitätskontrolle, Produktion und Abfüllung der Brauerei. Während dieser Zeit wurden in der Brauerei die offenen Gärbottiche durch zylindrokonische Gärtanks ersetzt und der Brauprozess wurde automatisiert. Der Ausstroß verdoppelte sich auf 70.000 hl. 2002 wurde das Käsemachen der Brauerei unterstellt, und Pypaert übernahm die Aufgabe, die zuvor von Mönchen erfüllt wurde. „Das war ein komplett neues Feld für mich“, sagt sie, und zwar eines, dass sie sich selbständig erarbeitet hat. Später als Produktionsleiterin war es ihr erstes großes Projekt, die Käserei komplett zu modernisieren. Heute werden unter ihrer Regie 450 Tonnen der halbfesten Sorten „traditioneller Orval“, „in Bier gereifter Orval“ und „Oude Orval“ produziert.

Autonomie für die Mitarbeiter

Pypaert pflegt ihren eigenen Führungsstil. „Ich lege Wert darauf, dass die Mitarbeiter eigenständig arbeiten, sich auf ihren Tätigkeitsbereich konzentrieren und diesen autonom gestalten“, sagt sie. So erlebt sie es auch im Führungs-Team der Brasserie d‘Orval. Dort arbeitet sie mit dem Geschäftsführer und dem Finanz-Chef die Ziele und Strategien der Brauerei aus. Alle drei berichten an den Verwaltungsdelegierten des Klosters. „Wir haben unsere Freiheiten“, sagt sie. Gerade in der Produktion vertrauten die Mönche auf ihre Kompetenz, da sie selbst dort keine Fachkenntnisse besitzen. So konnte Pypaert gerade zwei große Projekte abschließen: den Bau einer neuen Halle für die vierwöchige Lagerung der Flaschen und die Anschaffung einer neuen Abfüllanlage, die mit 40.000 Flaschen pro Stunde fast doppelt so viele abfüllt wie die alte. Als nächstes steht die Installation einer neuen Malzannahme an. Die bestehende stamme aus dem Jahr 1951 und befördere das Malz noch mit mechanischen Schaufeln.

Kalthopfung in zwei Phasen

Die wohl größte Änderung im Brauprozess, die sie 2015 umgesetzt hat, ist die Optimierung der Kalthopfungs-Dosagen. Wie sie erzählt, wird mit den Hopfensorten Strisselspalt, Styrian Goldings und Hallertauer Mittelfrüh oder – je nach Verfügbarkeit – Hersbrucker in zwei Phasen mit unterschiedlichen Techniken kaltgehopft. Zuerst statisch während der zweiten Gärung im Tank: Hopfenpellets werden vorgelegt, dann wird das Jungbier eingefüllt und reift zwei bis drei Wochen auf dem Hopfen. Dann dynamisch: Kurz vor der Abfüllung wird das Bier zusätzlich einen Tag lang durch ein externes Extraktionsgefäß zirkuliert. „Mit dem externen Gefäß können wir die kräuterigen und floralen Aromen effizienter extrahieren“, so Pypaert.

Herausforderung Bierfarbe

Das Wichtigste beim Brauen von Orval sei, den hohen Qualitätsstandard zu halten, betont sie. Dies gebiete allein schon die Mitgliedschaft in der „International Trappist Association“ (ITA), einer Vereinigung von 19 produzierenden Trappistenklöstern weltweit. Um die Qualität Sud für Sud sicherzustellen, führt die Brasserie d‘Orval ihr eigenes gut ausgestattetes Labor. Die größte Herausforderung liegt laut Pypaert dabei in der Bierfarbe. „Weil die Braumalze in variierenden Farbqualitäten geliefert werden, mal heller, mal dunkler, müssen wir sehr darauf achten, den typischen Orval-Farbton zu treffen“, sagt sie. Das lasse sich mit technischen Mitteln allein nicht lösen. Ihre vielfältigen Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Qualitätssicherung teilt Pypaert übrigens bei der ITA als Präsidentin des Qualitätskomitees.

Die Nachfolge ist weiblich

Während belgische Bierkenner gerne lange darüber diskutieren, welches Orval am besten schmeckt – drei, sechs oder zwölf Monate nach Abfüllung, hat Pypaert ihren Favoriten längst gewählt. Sie trinkt am liebsten ein junges Orval, lobt aber das Mundgefühl des älteren, das von der CO2-Zunahme profitiert. In der Brasserie d’Orval fühlt sie sich nach wie vor wohl. Der Jahresausstoß ihrer Brauerei liegt inzwischen bei 80.000 Hektolitern. Obwohl die Nachfrage sehr hoch ist, ist ein schnelles Wachstum nicht im Sinne des Trappistenordens. Man lege viel mehr Wert auf ein gutes Miteinander. Das sei wichtiger als Wachstum. „Es ist schön, in einem Kloster zu arbeiten“, sagt Pypaert. Sie freut sich, dass sie mit der promovierten Brauingenieurin Sylvie Deckers eine Assistentin gefunden hat, der sie die Leitung übergeben kann, wenn die Zeit reif ist. Und wer weiß, vielleicht verwirklicht die große Orval-Braumeisterin dann eigene Brauprojekte in Togo, wo ihr Mann herkommt und ein Teil ihrer Familie lebt. Dort könnte sie sich vorstellen, nach ihrer Pensionierung mit ihrem Mann zu leben und zu arbeiten.


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