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Reife Gerstenähren auf dem Feld Pflanzensorten, die patentiertes Erbgut enthalten, dürfen nicht mehr frei angebaut und weitergezüchtet werden, mit weitreichenden Folgen für die Landwirte – und im Fall der Gerste auch auf Brauereien
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Kampagne für freie Gerstensorten

Der Werteverbund Die Freien Brauer, Dortmund, hat im Februar die nationale Kampagne „Die Freien Gerstensorten“ an den Start gebracht. Sie fordert die Branche sowie Verbraucherinnen und Verbraucher auf, die Stimme für eine Petition abzugeben, um Patente auf Saatgut und im Speziellen auf Braugerste zu stoppen.

Freie Auswahl im Rohstoffsektor erhalten

 

Mit der Kampagne setzen sich alle Gesellschafterbrauereien des Werteverbunds dafür ein, die Vielfalt und die freie Auswahl im Rohstoffsektor zu erhalten. Sie rufen gleichzeitig zur Solidarität für unternehmerische Freiheit regional agierender Brauereien und Biervielfalt auf. Mit der Kampagne wollen Die Freien Brauer erreichen, dass sich Verantwortliche der Länder, des Bundes und der Patentämter dafür stark machen, dass eine rechtlich klare und eindeutige Richtlinie zur Auslegung des europäischen Patentrechts verabschiedet wird, die alle Pflanzen auf Basis konventioneller Züchtungsmethoden generell von der Patentierung ausschließt. Die Unterschriften für die Petition werden auf der Kampagnenseite www.die-freien-gerstensorten.com gesammelt.


Logo Bis Ende Juni können Verbraucher die Kampagne unterstützen
Im Gespräch legen Jürgen Keipp, Geschäftsführer des Werteverbundes Die Freien Brauer GmbH & Co. KG, und Mitstreiter Dr. Christoph Then, Geschäftsführung der Initiative No Patents on Seeds! (Keine Patente auf Saatgut! e.V.), die Hintergründe und Entwicklungen dar, die zu dieser Initiative geführt haben und erklären die weitreichende Bedeutung für die Braubranche.
Portraitbild von Jürgen Keipp Jürgen Keipp befürchtet eine Schwächung der unternehmerischen Freiheit von Brauereien durch die Patentierung konventionell gezüchteter Pflanzen

Herr Keipp, Die Freien Brauer sind nicht dafür bekannt, dass sie sich als Werteverbund zu politischen Themen auf nationaler Ebene zu Wort melden. Wie ist es daher zum Engagement gegen Patente auf Braugerste gekommen?

 

Jürgen Keipp: Wir sind im vergangenen Jahr von einer unserer Gesellschafterbrauereien aus Österreich, der Privatbrauerei Hirt, über das Thema informiert worden. Hirter ist neben den Freien Brauern auch im Verbund der CulturBrauer Österreich engagiert, die eine Klage gegen Heineken und Carlsberg eingereicht haben. Diese beiden globalen Player der Brauwirtschaft erhielten 2016 mehrere europäische Patente auf konventionell gezüchtete Gerste, die sich auch auf Braugerstensorten erstrecken, die beim Brauen von Bier zum Einsatz kommen. Mehrere Nichtregierungsorganisationen und auch Zusammenschlüsse wie die CulturBrauer hatten Einsprüche gegen die europäischen Patente eingereicht, die 2018 aber abgelehnt wurden. 2021 wurde dann auch eine Beschwerde gegen diese Entscheidung abgewiesen und damit eines der Patente in letzter Instanz vom Europäischen Patentamt bestätigt. Das ist in den Augen unserer Gesellschafter ein Missbrauch des Patentrechts, eine Schwächung des Sortenrechts und eine drastische Einschränkung der unternehmerischen Freiheit von Brauereien.

Wir befürchten daher in naher Zukunft negative Folgen für unsere gesamte Branche. Aus diesem Grund war der Konsens bei uns im Werteverbund sehr schnell gefunden, dass wir gegen diese Entwicklung vorgehen und die Branche mobilisieren müssen. Dass wir nicht die Einzigen waren, hat sich schnell herausgestellt. So reagierte beispielsweise die Braugersten-Gemeinschaft e.V. umgehend auf die abgewiesene Klage der CulturBrauer 2021 und appellierte in ihrer Pressemitteilung an die Politik, eine rechtlich klare und eindeutige Richtlinie zu verabschieden, die alle Pflanzen auf Basis konventioneller Züchtungsmethoden generell von der Patentierung ausschließt.

 

Das erklärt die Ausgangslage, aber warum haben sich explizit Die Freien Brauer dieses Themas angenommen?

 

Keipp: Wenn nicht wir, wer dann? Die Freien Brauer sind kein Verband mit politischem Sendungsauftrag, der die Branche national und auf EU-Ebene vertritt. Wir sind ein Werteverbund freier Unternehmer, die sich für Branchenthemen, die die Gesellschafter betreffen, stark machen können. Wir sind nicht Teil der Verbandsstruktur national und auf EU-Ebene; wir können frei handeln und sind der authentische Adressat, da die Aktion auf den sieben Werten unserer Gemeinschaft aufgebaut und logisch begründet werden kann. Wir wollen die Vielfalt und die freie Auswahl im Rohstoffsektor erhalten. Kurz zusammengefasst: Wir sind Die Freien Brauer und wollen freie Gerstensorten. Hinzu kommt, dass wir durch unsere regional stark verwurzelten Brauereien eine starke Fangemeinde in der breiten Öffentlichkeit haben und so Stimmen gewinnen können – ein unglaubliches Gut, das ein Branchenverband so sicher nicht mobilisieren kann. Und zudem sind unsere Gesellschafter stark vernetzt und so in der Lage, entsprechende Mitstreiter und Entscheider aus der Branche für das Projekt gewinnen zu können.

Denn das geht uns alle an, und von Beginn an war klar, dass wir allein nicht erfolgreich sein können. Wir brauchen Mitstreiter für die Sache. Daher habe ich zunächst ein wenig vorgefühlt und Gespräche mit Brancheninsidern geführt, die uns alle positive Rückmeldung gegeben haben. Wir haben daher in der Gesellschafterversammlung im Herbst 2021 das Thema mit hoher Priorität auf die Agenda gesetzt und uns einstimmig dafür entschieden, dass wir handeln. Aber wie Sie richtigerweise angemerkt haben, sind wir in Sachen Lobbyarbeit nicht entsprechend aufgestellt und haben mit der Initiative „No Patents on Seeds!“ (NPOS) einen starken Partner gefunden, der uns in allen Belangen rund um das Engagement für das Recht auf freie Auswahl an Gerstensorten unterstützt.

Portraitbild von Dr. Christoph Then Dr. Christoph Then: „Der Zugang zur biologischen Vielfalt, die für die weitere Züchtung benötigt wird, darf durch Patente nicht kontrolliert, behindert oder blockiert werden.“

Herr Dr. Then, Sie bearbeiten das Thema „Keine Patente auf Saatgut“ seit vielen Jahren, und dabei ist die Thematik, die die Brauer umtreibt, nur ein Segment. Warum haben Sie sich als Partner der Freien Brauer angeboten? Welche Synergien und Vorteile sehen Sie im gemeinsamen Engagement?

 

Dr. Christoph Then: Ja, das ist richtig. Wir haben ein komplexes Thema als Zielsetzung, das Saatgut ganz grundsätzlich betrifft. Wir wollen die Unabhängigkeit von Züchterinnen und Züchtern, Gärtnerinnen und Gärtnern sowie Landwirtinnen und Landwirten erhalten, die Züchtung, Anbau oder Vermehrung konventioneller Pflanzen und Tiere betreiben. Der Zugang zur biologischen Vielfalt, die für die weitere Züchtung benötigt wird, darf durch Patente nicht kontrolliert, behindert oder blockiert werden. Und bei dieser Arbeit freuen wir uns über die Unterstützung von Partnern aus verschiedenen Segmenten, die von diesen Patenten betroffen sind und auf diese Probleme aus ihrer Sicht aufmerksam machen.

Und gerade Bier ist ein sehr emotionales Thema, nicht nur in Deutschland. Daher erhoffen wir uns von der Kampagne der Freien Brauer große Resonanz, die nicht nur das Thema Patente auf Braugerste bekannter macht, sondern uns als Initiative insgesamt in unserer Position stärkt. Es geht hier nämlich nicht nur um ein Patent und um Braugerste, sondern um ein sehr grundsätzliches Thema: die Kontrolle über die Grundlagen unserer Ernährung und die Monopolisierung von Saatgut. Dagegen müssen wir gemeinsam aktiv werden. Deshalb freuen wir uns sehr über diese Initiative des Verbundes Die Freien Brauer, sie kann die Unterstützer aus der Branche, die Öffentlichkeit bis hin zur Politik mobilisieren.

 

Herr Keipp, wie genau sieht die Strategie und die nationale Kampagne aus?

 

Keipp: Nach dem Beschluss auf der Gesellschafterversammlung wurde eine schlanke Kampagnenseite erstellt, die dazu dient, über das Thema verständlich aufzuklären und die Branche sowie die breite Öffentlichkeit zur Stimmabgabe aufzurufen. Mit einer Zählfunktion wird jedem Unterzeichnenden in Echtzeit die Anzahl der bisher gesammelten Stimmen angezeigt. Dabei werden unsere Stimmen sowie die, die auf der Seite von No Patents on Seeds! gesammelt werden, zusammengezählt. Die Kampagnenseite stellt den Anker dar und wird begleitet durch Social-Media-Kanäle, die zur Stimmabgabe aufrufen und auf die Seite leiten. Weiterhin haben wir sowie NPOS die nationale Presse informiert und unseren Gesellschafterbrauereien ein PR-Paket zur Verfügung gestellt, mit dem sie an die lokalen Pressevertreter herantreten und ihre Social-Media-Kanäle bestücken können. Kurz vor dem Start sind wir an eine lange Liste von Verbänden und Multiplikatoren der Braubranche herangetreten, um sie für die gemeinsame Sache zu gewinnen und diese an ihre Mitglieder weiterzutragen.

Gerste in der Kornreifungsphase Ziel der Kampagne: eine rechtlich klare und eindeutige Richtlinie zur Auslegung des europäischen Patentrechts, die alle Pflanzen auf Basis konventioneller Züchtungsmethoden generell von der Patentierung ausschließt

Herr Dr. Then, welche Schritte unternehmen Sie mit den gesammelten Stimmen? Können Sie uns eine kurze Timeline mit den nächsten Meilensteinen Ihrer Arbeit geben?

 

Dr. Then: Wir wollen bis Ende Juni die Unterschriften an die Regierungen der Vertragsstaaten des Europäischen Patentamtes übergeben. Wir hoffen, dass in Deutschland eine persönliche Übergabe an den zuständigen Justizminister Dr. Marco Buschmann stattfinden kann. Wir gehen davon aus, dass auch die deutsche Bundesregierung ein großes Interesse daran hat, dass die Pflanzenzucht nicht durch Patente behindert wird.

 

Welches Ziel verfolgen Sie beide mit der Kampagne konkret?

 

Keipp: Wir wollen mit der Kampagne bundesweit für Aufmerksamkeit sorgen und ausreichend Stimmen gewinnen, um NPOS tatkräftig zu unterstützen.
Dr. Then: Wir wollen Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere stoppen. Betroffen von derartigen Patenten sind unter anderem Braugerste, Buschmelonen, Salat und Tomaten. Und das könnte erst der Anfang sein, wenn wir auf europäischer Ebene diesen Patenten keinen Riegel vorschieben können.

 

Herr Keipp, Herr Dr. Then, herzlichen Dank für das Gespräch!

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